Textile Schatzkammer

Christin Losta
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Die Highlights der Kostüm- und Kleidersammlung der Angewandten zeigt ein neuer Bildband.

Eine leidenschaftliche Sammlerin war Elisabeth Frottier früher nie. Doch das änderte sich schnell, als sie 2005 die Leitung der Kostüm- und Modesammlung der Universität für angewandte Kunst in Wien übernahm. Plötzlich hatte sie die Schirmherrschaft über mehrere tausend textile Teile. Mittlerweile sind es 8000. Und es werden auch aufgrund ihrer Bemühungen immer mehr. Fragt man einen Sammler nach seinen Lieblingsstücken, dann fällt die Auswahl meist schwer. So ging es auch Frottier für den Bildband "Fashion Aus der Kostüm- und Modesammlung der Universität für angewandte Kunst Wien". Insgesamt vier Jahre, eineinhalb davon sehr intensiv, arbeitete Frottier als Herausgeberin mit ihren Kollegen an der passenden Selektion. Denn in den Bildband schafften es nur etwa 130 der 8000 Stücke. "Es war eine schwierige Entscheidung. Ausschlaggebend für die Auswahl war die Bedeutung für die Sammlung, der Erhaltungszustand, die optische Attraktivität und die Bedeutung des Schenkers und des ehemaligen Trägers", erklärt Frottier. Fotografiert wurden die Stücke von Christin Losta an unterschiedlichen Puppen und Unterbauten in den Räumlichkeiten der Angewandten. Ein Kleid aus dem 19. Jahrhundert wurde etwa im historischen Ferstel-Trakt fotografiert, eine Jacke der Wiener Werkstätten wurde vor einer Kredenz aus der Zeit um 1912 abgebildet. "Christin Losta ist mit den Objekten in Dialog getreten. Dabei ist Fotokunst anhand des Mediums Bekleidung entstanden", zeigt sich Frottier begeistert, "es ist eben nicht Objektfotografie, wie das sonst üblich ist."

Modekunst. Die Schnittstellen zwischen Mode und Kunst sind für die Sammlung und das Buch von besonderem Interesse. Man denke etwa an Oskar Kokoschkas Rock, den er für seine Jugendliebe Lilith Lang entworfen hat. Aber auch aktuelle Arbeiten haben es in das Buch geschafft. "Ich finde Raf Simons sensationell. Er ist nicht umsonst auf dem Cover. Er überschreitet immer wieder die Grenze zwischen Mode und Kunst", so Frottier, "ich bewundere diese Virtuosität, dass man sich mit Mode so ausdrücken kann wie mit einem Werk der bildenden Kunst." Der Schwerpunkt der Sammlung liegt auf der Angewandten und den Menschen, die hier tätig waren. "Ich kann mit Freude sagen, dass wir weltweit die größten Bestände von Gertrud Höchsmann und Fred Adlmüller haben." Die ältesten Stücke stammen aus dem 18. Jahrhundert, typische Wiener Traditionsbetriebe der Geschichte wie Braun am Graben, Scheer Schuhe und Knize dürfen nicht fehlen.

Ausbaufähig. Ursprünglich war die Sammlung eine Vorbildersammlung. Die Schüler der Malereiklassen der damaligen Kunst gewerbeschule benötigten die Kostüme für ihre Arbeiten. Heute gilt die Sammlung als University Museum, das objektbasierte Forschung ermöglicht. Schüler der Modeklasse können hier direkt sehen, wie Damenwäsche in den 20er-Jahren aussah oder Schuhe verarbeitet wurden. Und sich natürlich inspirieren lassen. Erweitert wird die Sammlung ständig mit Arbeiten von Studierenden und Absolventen (Susanne Bisovsky, Wendy&Jim, Hartmann Nordenholz, Ute Ploier), Schenkungen, aber auch mit "Zitaten von Kollektionen" ehemaliger Gastprofessoren wie Karl Lagerfeld, Jean-Charles de Castelbajac oder Vivienne Westwood. Hier muss man aus Budgetgründen oft auf kleinere Accessoires wie Halstücher zurückgreifen, um die Lücken zu schließen. Repräsentativere Stücke der Spitzendesigner hätte die Sammlerin gern. Und: "Eine Robe von Viktor & Rolf wäre großartig."

Buchpräsentation. Am 4. April, 18 Uhr im AIL Angewandte Innovation Laboratory, Franz-Josefs-Kai 3, 1010 Wien. Daniel Kalt, derzeit karenzierter "Schaufenster"-Chefredakteur, steuerte ein Kapitel bei.

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