Handschuhe: Hand und Volant

Sixties. Racing mit Stil: Der 	große Innes Ireland in zeitgenössischer Ausrüstung.
Sixties. Racing mit Stil: Der große Innes Ireland in zeitgenössischer Ausrüstung.(c) Archiv McKlein
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Das richtige Accessoire verleiht Haltung. Im Auto zum Beispiel Handschuhe.

Handschuhe für Autofahrer entstammen einer Zeit, als es noch funktionale Gründe für sie gab. In der Frühzeit hatte man viel zu werkeln an grober, öliger Gerätschaft, bevor es überhaupt ans Steuerrad ging. Wer einmal in einem Vorkriegsklassiker das Vergnügen hatte: Ein (leicht zu provozierendes) Ausschlagen des Lenkrads mit seinen Speichen aus blankem, hartkantigem Eisen konnte einem leicht eine tiefe, blutende Wunde in die Finger schlagen.

Später empfahlen sich Handschuhe, weil Lenkräder dürre Kränze aus Holz, Bakelit und allerlei anderen Kunstoffen waren. Das Leder erhöhte den Griff und vermied Rutschen durch schwitzende Handflächen –Autofahren war definitiv mehr Arbeit als heute. Und schließlich pflegte man generell ein höheres Stilbewusstsein als in heutigen Tagen, da Vulgarität den allseits angesagten Dresscode definiert. So wie man heute keine Hüte mehr trägt, sondern Sportkappen mit Markenlogos oder anderen dummen Aufschriften.

Handsome. Feines Leder zwischen Hand und 	Lenkrad: Handschuhe von Thomas Riemer, Wien.
Handsome. Feines Leder zwischen Hand und Lenkrad: Handschuhe von Thomas Riemer, Wien. (c) Beigestellt

Autofahren war etwas Besonderes, konnte auch nicht von allen praktiziert werden. Da lag es nahe, die richtige Ausrüstung zum Behufe zu wählen. Elitär war das nicht unbedingt. Ich erinnere mich bildhaft an unsere Nachbarin, die uns Strolche mit in den Kindergarten führte. Sie lenkte einen weiß Gott nicht sonderlich eleganten VW 411, war aber eine elegante Dame und streifte sich vor jeder Fahrt feinmaschige Autofahrerhandschuhe über die perfekt manikürten Hände. Volant und Schaltknüppel waren ihr hörig.

Nobel. Ohnedies verleiht das richtige Accessoire erst Haltung. Wer schon einmal in Tokio war: Sind die Taxifahrer mit ihren weißen Handschuhe nicht wunderbar? So derb kann der Typ am Steuer gar nicht sein, dass er auf diese Weise nicht wie ein nobler Privatchauffeur wirkt. Über einen Hebel, den der behandschuhte Fahrer energisch betätigt, wird die Fondtüre aufgestoßen, auf dass der herannahende Fahrgast einen geöffneten Zugang vorfindet – was übrigens auch eine hygienische Komponente hat. Der Fahrer schließt die Tür auch selbst wieder.

Haben Autofahrerhandschuhe die Chance auf ein Comeback? Die rationalen Gründe sind überschaubar. Im Winter sind Lenkrad und Schaltknüppel nach dem Starten eiskalt, normale Handschuhe viel zu klobig für sicheres Bedienen. Wobei: Lenkradheizung haben schon kleine Kias und Automatik immer mehr Autos. Die Hygiene ist das Argument diesbezüglich eher furchtsamer Zeitgenossen. Bleiben die Haltungsnoten. Warum nicht Autofahren wieder zu etwas Besonderem, Erhebendem machen? Das fällt zugegebenermaßen schwer im tumben Commuting. Doch welchen anderen Grund könnte man finden, südamerikanisches Wildschwein aus Wiener Manufaktur überzuziehen? Klarer Fall: Autofahrerhandschuhe wollen geschenkt sein.

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