Hitze im April: Barfuß küssen und Sommerhits raten!

Hitze April Barfuss kuessen
Hitze April Barfuss kuessen(c) APA (Helmut Fohringer)
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Es riecht wie im Juni, fühlt sich an wie Juli und ist noch April! 25 Dinge, die Sie spätestens ab Dienstag tun sollten. Oder bleiben lassen können.

Der Mai erträgt alle Klischees. Das beweisen wunderbar altmodische Bezeichnungen wie „Wonnemonat“, schön anachronistisch klingende Begleiterscheinungen wie „Lüfterl“. Da gibt es Assoziationen mit Flirt und Flieder. Unausrottbares Saisongemüse. Es wird gelächelt und gestrahlt. Geheiratet und gefeiert. Da wird buchstäblich jede Möglichkeit für verlängerte Wochenenden genutzt. Und selbst wenn jeder weiß, dass es bessere Weine als Sauvignon Blanc gibt, im Mai trinkt man sogar gerne grasig. Wir haben 25 Empfehlungen, passende Musik, Termine und Gastgärten für diesen Monat zusammengetragen. Und natürlich zitieren wir in der „Presse am Sonntag“ Heinrich Heine.


1. Barfuß gehen. Ist anfangs immer kühl und ungewohnt, aber man muss sich langsam an die Plage 55 in St.Tropez herantasten, um hier irgendeinen gut klingenden Strand anzuführen.

2. Ins Autokino fahren. In Groß-Enzersdorf könnte die letzte Saison für das Autokino aus einer anderen Zeit beginnen. Schade, hier wähnt man sich in den 1960ern der USA. Im Mittelklassewagen mit Mittelklasse-Freunden.

3. Nicht heiraten. Das tun schon alle anderen. Stattdessen antizyklisch Beziehungen überdenken, gegebenenfalls beenden oder sich anderweitig neu orientieren. Am besten auf der Hochzeit eines guten Freundes.


4. Sich erkälten. In der Früh ist es zu kalt, zu Mittag zu warm. Und der Abend? Da bemerkt man nicht so viel. Hauptsache, der Stoff ist passend und kurz genug für den Anlass.


5. Nicht ins Allergie-Zentrum. Seit Bill Clinton wissen wir: Es geht nicht ohne Allergie. Dass die meisten von uns aber nicht nur eine haben, erfahren sie im Allergie-Zentrum. Nach dem Austesten fühlt man sich meist nur noch schwächer als man ohnehin schon ist.

6. Nicht über ihn reden! Noch schlimmer als Saisongemüse zu essen, ist darüber zu jammern. Daher einen Monat lang kein Wort über Allium ursinum.

7. Bowle ansetzen. Die Maibowle bereiten wir mit Waldmeister zu, dessen Geschmack haben fast alle vergessen.

8. Leben Sie englisch. Nicht alles an England ist gut. Einiges aber ist sehr gut. Zum Beispiel das Ritual beim Picknick: Erdbeeren mit Sekt, frisch gemachte Scones (leichter als man denkt, Rezepte gibt's auf www.bbcgoodfood.com), dazu Clotted Cream (bei Haas & Haas). Heaven!

9. Erdbeeren vom Balkon.
Apropos Erdbeeren. Selbst ist der Gärtner. Balkonier. Er kann zum Beispiel die wiederentdeckte Mieze-Schindler-Erdbeere nach draußen setzen. Und gleich die zweitwichtigsten Balkonpflanzen dazu: Chili und Mojito-Minze.

10. An den Strand.
Der Tel Aviv Beach gehört zum alljährlichen Was-gibt-es-am-Donaukanal-Neues-Ritual dazu. Hat man ihn im Mai schon abgehakt, fehlt im Juni, Juli und August auch nicht mehr viel.

11. Sonnenbrand erledigen. Generell lassen sich im Mai schon viele automatische Sommer-Begleiterscheinungen erledigen: den ersten schmerzenden Sonnenbrand, die erste schmerzende Sommerliebe, Blasen vom Schuhe-ohne-Socken-Tragen, oder fünf Zentimeter Hüftumfang beim Laufen im Prater oder beim Gewichte Stemmen im Fitnesscenter.


12. Freundschaft! Am
1. Mai wird natürlich mit „Freundschaft“ gegrüßt. Warum das nicht wörtlich nehmen und einen alten Freund reaktivieren? Wobei laut jüngster Statistik „Grüß Gott“ wieder auf dem Vormarsch ist.

13. Urlaub buchen. Obwohl man seit Februar weiß, wohin die Reise gehen soll, bucht man erst im Mai. Das blöde Gefühl, zu viel zu zahlen, hat auch was.

14. Zwillingsstadt besuchen. Man kann kurzfristig mit dem Twin-City-Liner nach Bratislava fahren, dort die Nacht im gerüchteweise brillanten Nachtleben durchmachen, mit dem ersten Boot wieder zurückfahren und dann ins Büro gehen. So mitteleuropäisch!

15. Campen! Das musste ja kommen – und es kommt. Landleben plus Picknick ergibt Campen. Passt zur Krise.


16. Altpapier sammeln. Weg mit Diätbüchern, sinnlosen Kochbüchern und Lebensratgebern. Einfach dem eigenen Bauch trauen.


17. Eine Hochzeit crashen. Hingehen, feiern, gratulieren. Owen Wilson und Vince Vaughn haben allen bewiesen, wie man sich am angenehmsten verliebt.


18. Die Sonnencreme vom Vorjahr verwenden. Sie war teuer genug.

19. Einen Schein machen. Das könnte der Führerschein sein oder der Segelschein. Fühlt sich gut an, wenn man wieder lernt. Oder einen Tontaubenschießschein.

20. Slacklinen. Mut braucht man, dann kann man die smarten Slackliner im Park endlich ansprechen und fragen, ob man auch einmal probieren darf.


21. Küssen. Möglichst viel, oft und die Richtigen.

22. Muscheln essen. Von wegen man soll Muscheln nur in Monaten mit „r“ verzehren – beim Fischhändler oder Restaurantbetreiber Ihres Vertrauens kann man sie das ganze Jahr über essen.


23. Sommerhits raten. Man liegt sicher wieder falsch, aber das Schönste an den Sommerhits ist das Vorher-darüber-Reden.


24. Einen Sommerdrink erfinden. Nachdem Aperol Spritz und Caipirinha biedere Kaffeehäuser und jedes Espresso-Bauchstich erreicht hat, ist Zeit für etwas Neues. Wie wäre es mit Gin-Fizz oder Pimms?


25. Nicht Rad fahren.
Siehe Hochzeiten. Nie!

Fünf Songs für den Mai:

1. Pink Floyd: See Emily Play. „Free games for may...?“ Psychedelischer Irrwitz für den ganz späten Morgen. Mit Kräutertee und rosa Licht.


2. Georg Kreisler: Einmal im Mai. Mit der eiersüchtigen Ida in der Meierei: wortverspieltes Frühlingsabenteuer nach Zahlen.


3. Simon & Garfunkel: The 59th Street Bridge Song (Feelin' Groovy). „You got to make the morning last“: So hat sich der Mai anzufühlen.


4. Kurt Weill: September Song. „It's a long way from May to December“: Was wäre Frühling ohne Vergänglichkeit? Am besten gesungen von Lou Reed.

5. Josef Zapf/Josef Scheu: Lied der Arbeit. Kein Mai ohne 1. Mai. Auch wenn es die Wiener Sozialdemokraten etwas müde singen: „Die Arbeit hoch!“ tk

Fünf Gärten für Stadt und Land

1. Beaulieu. Das kleine französische Bistro in der Passage des Palais Ferstel in Wien, das tatsächlich auch nur mit Evian kocht, hat nun den besten Garten am Hof. Der bisherige Gartenlokalmatador des „Orlando di Castello“ schaut plötzlich ziemlich alt aus.

2. China Bar. Manche meinen ja, die Küche sei in Simons Xie Hong's Haupthaus „On“ besser, der Gastgarten in der Wiener Burggasse ist aber irgendwie charmanter. Dank des Verkehrs kann man auch lauter sprechen als im Anrainergarten in der Wehrgasse.


3. Zum Finsteren Stern. So altmodisch-romantisch wie der Name des Lokals ist der Schanigarten in dem versteckten Teil zwischen Am Hof und Tuchlauben. Wenn es dunkel wird, wähnt man sich in einer anderen Zeit. Die Küche von Ella de Silva bringt dazu das Mittelmeer nach Wien.


4. Saziani Stub'n. Der Blick vom südsteirischen Restaurant ist ohnehin beglückend, die Küche des jungen, verrückten Kochs namens Harald Irka macht die Jünger der Skandinavienküche froh. Zumindest jubeln sie.


5. Steirereck Pogusch. Liegt hoch genug, um nicht zu heiß zu werden. no

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2012)

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