Laktoseintoleranzgrenze

(c) AP / Geert Vanden Wijngaert
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Morgens gilt mein erster Gedanke den Milchbauern.

Morgens gilt mein erster Gedanke den Milchbauern. Das ist keine Koketterie, denn alle paar Wochen schauen die mit ihren Traktoren in Brüssel vorbei, um für staatlich garantierte und natürlich höhere Milchpreise zu demonstrieren, und dann ist vonseiten der Polizei schon frühmorgens mit viel Tatütata und Blaulicht einiges los.

Den Ärger der Milchbauern kann ich verstehen. Ich möchte auch gern ein staatlich garantiertes und natürlich höheres Gehalt. Allerdings besitze ich keinen Traktor. Ich darf mir höchstens ab und zu den alten Peugeot meiner Freundin ausborgen. Mit dem kann ich aber keine Hauptverkehrsadern zur Stoßzeit lahmlegen, bei dem muss ich froh sein, wenn er sich nicht selbst lahmlegt (was natürlich den Vorteil hätte, dass mir dann die Hauptverkehrsadern zur Stoßzeit erspart blieben, aber das ist, fürchte ich, ein Nullsummenspiel). Milch kann ich, als Ausdruck meiner sozial bewegten Empörung, auch nicht verschütten. Die ist nämlich erstens im Supermarkt schon wieder teurer geworden, zweitens revoltiert meine Freundin, wenn sie in der Früh ihren Kaffee schwarz trinken muss, und drittens gehört sich so etwas doch wirklich nicht.

Glaubens Sie's mir: Ich habe alles Menschenmögliche versucht, um den Milchpreis zu stützen. Neulich hätte ich beinahe einen laktoseintoleranten Dinnergast in die ewigen Jagdgründe befördert, indem ich heimlich ein Würfelchen Butter extra zum Glacieren der Karotten verwendet habe. Wäre es nicht so aufwendig, ich badete täglich in Wannen voller Milch und Honig. Und so kann ich den Traktoristen nur meine bescheidenen Fähigkeiten als Texteschmied anbieten. Denn ganz ehrlich: Die Kampfparole „Wir fordern eine flexible Mengenbesteuerung“, die ich an einem Steyr-Traktor aus Niederbayern angebracht sah, holt nicht einmal das Maskottchen der Bewegung, die Kuh „Faironika“, aus dem Stall. Mein Vorschlag zur Güte: Linke Faust ballen und „Mehr Knödel für'n Euter! Oder ich meuter!“ brüllen. Das hilft. Bestimmt.

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2012)

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