Schaffner

Die Übrigbleibsel meiner hektischen Arbeitstage sind klein, blassgelb und überall auf dem Schreibtisch verteilt.

Die Übrigbleibsel meiner hektischen Arbeitstage sind klein, blassgelb und überall auf dem Schreibtisch verteilt: Post-its mit kryptischen Notizen über Dinge, die unter keinen Umständen vergessen werden dürfen. Aber was genau ich mir selbst mit den Informationen „Frauen x 2!!“ „50“, „Tante Zug“ und „Dr. Schul“ sagen wollte, weiß halt auch kein Mensch. 50? 50 was? Tage? Euro? Welche zwei Frauen? Und vor allem: Wer ist Dr. Schul? (Schul??)

Immerhin hat „Tante Zug“ Sinn ergeben, denn die Tanten haben ihren Besuch in Wien angekündigt. Die Tanten sind dankbare Touristen. Nach ein bisschen Parlamentschauen, Hotel-Sacher-Zeigen und Kaffeehauswürdigen wurde schon so von Österreich geschwärmt, wie nur jemand von Österreich schwärmen kann, der noch keinen einzigen Ulrich-Seidl-Film gesehen hat. Zufrieden war auch der Onkel. Seine Beine hat der Onkel an eine heimtückische Krankheit verloren, und er hat zur Kenntnis genommen, dass Wien insgesamt eine rollstuhlfreundliche Stadt ist (auch wenn wir in die alten Straßenbahnen nicht einsteigen konnten). Außerdem finden sich immer helfende Hände, so auch bei der Abreise vom Westbahnhof, als zwei ÖBB-Bedienstete Onkel und Tante zur Seite stehen. Die Tickets sind gekauft, der Platz reserviert, der Zug fährt ein, die Tante bemerkt, dass sich ihre zwei Plätze in einem 6er-Abteil (!) befinden, der Schaffner kommt und beschließt, dass er den Onkel nicht mitnehmen wird, weil: „Wie geht denn der aufs Klo?“ und nach dieser Runde Entwürdigung schließen die Türen, der Zug fährt weg, Tante und Onkel bleiben ratlos zurück.

Ist es die Hitze? Ich weiß es nicht.
P. S. (völlig zusammenhanglos): Wann fahren Sie denn in die Toskana? Sie kennen mein Angebot: Zimmerpflanzen gießen, Katzen füttern – eine Flasche Chianti pro Tag. Inzwischen weiß ich auch, wo die Berliner heuer ihren Urlaub verbringen. Aus einer Werbung der Berliner Flughäfen für den Nonstop-Flug nach China: „Berliner, wollt ihr wieder mal eine Mauer sehen?“

E-Mails an: duygu.oezkan@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2013)

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