Wer keine Kinder hat, darf kein böses Wort über den Nachwuchs anderer verlieren. So wie ich...
Wer Kinder hat, sollte hier am besten aufhören zu lesen. Wirklich. Ich bitte Sie darum. Sie sind in diesem Blatt an anderer Stelle weitaus besser aufgehoben. Glauben Sie mir, einmal zumindest. Denn was nun kommt, wird Ihnen mit Sicherheit nicht gefallen. Warum? Weil ich erstens keine Kinder habe. Und es zweitens natürlich trotzdem besser weiß.
Ich möchte von einem Erlebnis erzählen, das sich wie folgt zugetragen hat: Es war an einem Samstag in Italien. Ich war auf Urlaub. Und es war sieben Uhr morgens, als mich die Kinder von nebenan aus dem Tiefschlaf rissen. Sie waren, sagen wir, lauter. Und ja, abgesehen davon war es still. Das alles ist freilich nicht weiter schlimm, da ich erstens schlafen kann, wenn ich tot bin. Und Kinder zweitens nun mal lauter sind.
Und doch gibt es ein Problem: Dürfen Kinder tun, was sie wollen und dürfen Eltern das bewusst ignorieren? Da gehen die Meinungen wohl auseinander. Denn Kinder zu haben heißt vermutlich nicht, sich plötzlich rücksichtslos verhalten zu müssen. Es heißt wohl auch nicht, die Regeln des Alltags außer Kraft zu setzen, weil man die Welt mit Kindern nun einmal anders sieht. Versetzen Sie sich bitte in folgende Situation: Es ist fünf Uhr morgens. Sie und ihre Kinder schlafen. Sie sind auf Urlaub. Das aber ist mir total egal, weil ich mir einbilde, meine Musik hören zu müssen. Ich zücke mein iPhone und schließe es an Lautsprecher an. Dann drehe ich so richtig laut auf. Nicht nur Sie, auch ihre Kinder werden wach. Ihr Verständnis hielte sich wohl in Grenzen, oder? So, und genau umgekehrt meines auch.
Morgen können Sie mich übrigens nicht unter meiner E-Mail-Adresse erreichen. Ich bin auf Urlaub. Mit einer Freundin – und ihrem Nachwuchs.
E-Mails an: nicole.stern@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2013)