Auf der Mariahilfer Straße steht gar keine Mauer

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„Tear down this wall!“ So lautete auch der Slogan, der am Samstag bei einer Demonstration auf der Mariahilfer Straße skandiert wurde.

„Tear down this wall!“ Es war Ronald Reagan, der am 12.6.1987 diese historischen Worte sprach. Das war zu einer Zeit, als Berlin noch durch eine Mauer geteilt, Europa in zwei Sphären gespalten war. Als der damalige US-Präsident diese legendären vier Wörter an Michael Gorbatschow richtete, den damaligen Generalsekretär der KPdSU, lag bereits der Wind of Change in der Luft, war absehbar, dass die Berliner Mauer fallen würde. Und auch, dass Reagans Worte Aufnahme in die Geschichtsbücher finden würden.

„Tear down this wall!“ So lautete auch der Slogan, der am Samstag bei einer Demonstration auf der Mariahilfer Straße skandiert wurde. Allein, die einzige Mauer war eine von den Organisatoren der Demo aufgebaute aus roten und grünen Kartonschachteln, die publikumswirksam zu Fall gebracht wurde. Wie schön, dass da jemand die historische Dimension erkannt hat, die der Mariahilfer Straße in den Geschichtsbüchern einen Platz gleich neben dem Fall der Berliner Mauer bescheren wird. Damit, dass an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze Menschen getötet, Familien auseinandergerissen wurden, dass durch die Berliner Mauer die politische Ordnung der Nachkriegszeit in steinerner Form spürbar wurde, kann die Einkaufsstraße ja locker mithalten, nicht? Immerhin müssen Bewohner des sechsten Bezirks nun mit dem Auto einen Umweg fahren, um in den siebenten zu gelangen.

Bei allem Verständnis dafür, dass die Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße zum Teil chaotisch abläuft und viele Fehler gemacht wurden – lassen wir bitte die Kirche im Dorf. Und bei allem Verständnis für politischen Aktionismus, manche Assoziation schießt einfach weit über das Ziel hinaus. Sonst finden sich womöglich bei der nächsten Demo Transparente à la „Ein Volk, ein Reich, eine Fuzo“ oder „Wollt ihr die totale Begegnungszone?“ Also, bitte einen Gang zurückschalten, es geht hier nur um eine Fußgängerzone!

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2013)

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