Kein Limoncello in Monticello

Er schrieb mit 33 Jahren die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten, war danach deren Abgesandter in Paris, Außenminister, Vizepräsident ...

... und zweimal Präsident, gründete die Universität von Virginia in Charlottesville und kaufte den Franzosen Louisiana ab: Thomas Jefferson hat in seinen 83 Lebensjahren einiges vollbracht, worüber man sich auf seinem Landsitz Monticello in Virginia trefflich informieren kann.

Wobei: Mit den großen Männern der Weltgeschichte ist das so eine Sache. „Aufbauen, niederreißen, eine meiner liebsten Zerstreuungen“, schrieb Jefferson 1809 über sein lebenslanges Herumtüfteln am „Berglein“. Selber hat er sich dabei allerdings nicht die Hände schmutzig gemacht, denn das Aufbauen und das Abreißen (und auch das Säen, Jäten, Kochen, Putzen und Waschen) erledigten jene rund 600 schwarzen Sklaven, die Jefferson im Laufe seines Lebens besaß. Alle drei Jahre bekamen sie eine neue Decke, jedes Jahr eine Garnitur Winter- und eine Garnitur Sommerkleidung. Wer sich abseits der Sechs-Tage-Woche ein Taschengeld dazu verdienen wollte, durfte die Plumpsklosetts und Nachttöpfe der Jeffersonschen Herrschaft leeren und putzen; dafür gab es einen Dollar pro Monat. Immerhin ließ Jefferson, dessen weltberühmten Worten zufolge alle Menschen gleich geschaffen sind, seine Leibeigenen nicht auspeitschen. Das wird ihm in manchen Teilen der Südstaaten als Beleg überwältigender Humanität ausgelegt.

Trotz dieser vielköpfigen Schar an Zwangsarbeitern hatte Jefferson sein Lebtag lang Schulden; nur fünf Sklaven gab er die Freiheit, vier dürften Kinder einer heimlichen, jahrzehntelangen Beziehung des Witwers Jefferson mit der Sklavin Sally Hemings sein.

Diesen Frühling soll eine nachgebaute Sklavenhütte in Monticello eröffnet werden, in der man das Leben dieser Unglücklichen erforschen kann. Das wollen wir loben. Dass die Museums-Cafeteria von Monticello keinen Limoncello serviert, ist belanglos. Er hätte uns ohnehin nicht geschmeckt.

E-Mails an:oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2014)

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