Leute, die beim Bäcker einen Kaffee bestellen

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Leute, die beim Bäcker einen Kaffee bestellenReuters
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Kaffee gibt es in zwei Geschwindigkeiten.

Der langsame, vorzugsweise im Kaffeehaus, kombiniert mit einer Zeitung, sitzt gemütlich auf der einen Seite. Auf der anderen eilt der Coffee to go durch Einkaufsstraßen, Bahnhöfe und U-Bahn-Garnituren. Dieses Phänomen an sich ist bekannt und wäre nicht weiter erwähnenswert. Allein, bei Bäckereiketten in U-Bahn-Stationen wird klar, dass selbst schneller Kaffee langsamer ist als, sagen wir, Semmel. Ist ein solcher Backwarenladen in einem Geschoß zwischen zwei Rolltreppen angesiedelt, liegt ja nahe, dass hier maximal ein Boxenstopp von einigen Sekunden angedacht ist, um vollgetankt weiterziehen zu können. Was auch gar nicht so schlecht funktioniert. Bestellen, zahlen, gehen. So einfach.

Wären da nicht jene Zeitgenossen, die sich einbilden, genau hier einen Espresso ordern zu müssen. Sie schaffen es, dass das logistisch ausgefeilte und eingespielte Verhalten der Verkäufer – Bestellung entgegennehmen, Weckerl einpacken, kassieren – jäh durchbrochen wird. Umständlich muss die Verkaufskraft das Espressopulver in den Siebträger füllen, ihn in die Maschine einspannen, auf die Flüssigkeit warten, ehe der formschöne Papierbecher dem Kunden überantwortet wird. Während also die eine Schlange vor dem Bäcker flott und engagiert mit gefüllten Weckerln versorgt wird, steht man mit Sicherheit gerade in der anderen, wo nebenbei eben ein bisschen Kaffee gekocht wird. Immerhin, in langen Momenten wie diesen lässt sich darüber sinnieren, dass Espresso mitnichten etwas mit „express“ im Sinne von schnell zu tun hat. Vielmehr leitet es sich vom italienischen Verb „esprimere“ ab, das bedeutet, dass es sich um ein ausschließlich für den Gast zubereitetes Gericht handelt – was aus der Zeit herrührt, als Espresso tatsächlich nur in Bars und Kaffeehäusern erhältlich war.

Aus Gründen der Fairness gegenüber Nichtkaffeekäufern böte sich also an, eine eigene Expresskassa nur für Gebäck und kalte Getränke aufzumachen. Und daneben eine langsamere Spur: die Espressokassa. What else?

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2014)

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