Meister Proper und die Blütenkirschen von Kagran

(C) DiePresse/ Wolfgang Freitag
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Wenn ein Baum aus dem "Sortiment für Ersatzbäume" fällt: Wiens Stadtgärtner und eine Kirschenallee in der Donaustadt.

Es war einmal eine Kirschenallee. Nichts Besonderes, eine von vielen in einem Donaustädter Siedlungsgebiet aus den 1920ern, in einer unscheinbaren Nebenstraße. Die Bäume in dieser Kirschenallee wuchsen, kamen in die Jahre und, wie's auch in unscheinbaren Nebenstraßen halt so geht, starben irgendwann den Kirschentod. Manche waren so brüchig geworden, dass man sie fällen musste. Und eigentlich wollte man sie ohnehin loswerden. Jedes Jahr diese Früchte, um die sich kaum einer kümmerte – die Zeiten, da die Siedler froh über Obst und Gemüse aus ihren Gärten und Vorgärten waren, lagen lang zurück.

So kam es gelegen, dass auf fruchttragende Kirschen, es muss Ende der 1970er, Anfang der 1980er gewesen sein, Zierkirschen folgten. Japanische Blütenkirschen, um genau zu sein. Immerhin Kirschen noch und jeden April so prachtvoll anzusehen, dass es sich alsbald bis in die japanische Gemeinde an der Donau herumgesprochen haben soll, wo man sich in Wien ein Stückchen Heimatkirschenfrühling holen konnte: vor meiner Haustür, in einer Siedlung in Kagran.

Mittlerweile sind die Blütenkirschen auch nicht mehr die Jüngsten. Und wo man sie fällt, werden neuerdings Birnen nachgesetzt. Chinesische Zierbirnen, „Pyrus calleryana ,Chanticleer‘“, erläutert mir ein freundlicher Wiener Stadtgärtner. Die Blütenkirschen seien eben „aus dem Sortiment für Ersatzbäume“ gefallen. Dass das stadtbildlich ein Jammer ist, vermag ihn nicht zu grämen: Den Anwohnern, erzählt er, komme es bei Nachpflanzungen ohnehin kaum je auf die Ästhetik an. Hauptsache, die jeweils neuen Bäume schmutzen nicht zu viel. Will sagen: keine klebrigen Pflanzensäfte und Knospenhüllen – und Laub, das sich jeden Oktober, November am besten von allein in Herbstluft auflöst.

Wir kaufen, „Ja! Natürlich“, nur „Natur pur“, schließlich wollen wir quer durch alle Supermarktregale „Zurück zum Ursprung“. Aber Meister-Proper-mäßig sauber muss er sein.

E-Mails an:wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2014)

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