Wie man sich den Alltag kleinläuft

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Bergauflaufen war schon immer meine kleine Leidenschaft. Mag sein, dass es an der Wohnlage liegt – hier im Wienerwald hat man kaum eine Chance, in der Ebene Kilometer zu machen.

Bergauflaufen war schon immer meine kleine Leidenschaft. Mag sein, dass es an der Wohnlage liegt – hier im Wienerwald hat man kaum eine Chance, in der Ebene Kilometer zu machen. Vielleicht liegt es aber auch an mir – daran, dass ich mir gern einen Überblick verschaffe. Höhe beruhigt nämlich. Was gerade noch riesig war, ist von hoch oben betrachtet winzig: Dort unten liegen die Arbeit, der Alltag, schimpfende Autofahrer, schimpfende Verkäufer. Hier oben sind nur ich und mein keuchender Atem. Schon seit Längerem bleibt auch der iPod beim Laufen zuhause. Ich schätze die Ruhe.

Ruhig ist es zumindest während der Woche im Lainzer Tiergarten. Der Wienerblick (siehe Karte) ist am Wochenende überlaufen, aber an Werktagen kann man hier ungestört seinen Blick über die scheinbar weit entfernte Stadt schweifen lassen. Und Wildschweine fand ich beim Laufen schon immer sympathischer als Hunde – Letztere sind dort verboten. Auf den Wienerblick zu laufen ist allerdings anstrengend, ich wähle immer die steilen Serpentinen vom Nikolaitor aus.

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Einsam und steil kann es sonst auch im Wienerwald sein. Gefahr droht zwar von den vielen Mountainbikern, aber ich habe gelernt, sie zu vermeiden: Meine Lieblingsroute beginnt im Schwarzenbergpark, Hundeauslaufmeile aller Josefstädter, Alsergrunder und Hernalser. Wer einen Blick auf die Stadt erheischen will, muss seine Route gut planen, denn meist sind Bäume im Blickfeld. Beim Schloss Wilhelminenberg ist freie Sicht. Ich mag den Blick, den der Weg über Dornbachs einzigen Weinberg bietet. Für ihn laufe ich sogar eine Straßenroute.

Mein dritter Tipp schließlich: Die steilen Strecken vom Kahlenbergerdorf auf den Kahlenberg oder über den Nasenweg auf den Leopoldsberg sind Königsdisziplin. Schweißgebadet und in Zeitlupe schiebt man sich an Heurigenbesuchern vorbei. Wer hier bloß spaziert, kann sich kaum vorstellen, dass man hier auch laufen könnte. Aber wer hier läuft, fragt sich irgendwann, wie er hier jemals gehen konnte.

E-Mails an: sara.grasel@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2014)

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