Der Fußballer, mein Anlageberater

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Dass Banken immer mehr den Eindruck eines Casinos erwecken, weiß man nicht erst seit den Karibik-Geschäften der Bawag.

Doch wähnte man derlei Spekulantentum bisher nur in der Hochfinanz, nicht in der eigenen Bankfiliale. Doch auch hier gewinnt der Kunde zunehmend den Eindruck, dass er sich in ein Wettbüro verirrt haben muss. Ein schüchterner Versuch, die altbekannte und risikoarme Variante des Sparbuchs ins Spiel zu bringen, wird von der Beraterin gerade einmal mit dem Herunterziehen eines Mundwinkels quittiert. Und schon liegt ein Folder für ein neues Produkt auf dem Tisch.

„Cordoba Garant“ heißt der Investitionsplan. Passend zur Fußball-EM also ein „Investment mit Kick“, wie das Produkt beschrieben wird. Wie viel am Ende herausbekommt, hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen fließt die Entwicklung von 15 Aktien – großteils offizielle Sponsoren der EM – in das Endergebnis ein. Die dürfen steigen – nur nicht zu stark – oder fallen – auch nicht zu viel, sonst sinkt der Ertrag. Doch der wirkliche Clou kommt danach: Einen Bonus von einem Prozent gibt es dann, wenn Österreich bei der EM gegen Deutschland gewinnt. Und sollte das Team gar mit 3:2 gewinnen, wie dereinst 1978 in Cordoba, gibt es sogar 3,2 Prozent mehr. Aha. Ein Fußballer als Anlageberater, oder wie? Wer Erfahrung mit Sportwetten hat, wird das vielleicht nicht so abwegig finden. Doch dem weitgehend an Sport nicht interessierten Großereignis-Zuschauer mag es befremdlich vorkommen, seine Kapitalentwicklung von der Leistungsfähigkeit der heimischen Fußballer abhängig zu machen. Aber egal, ich freue mich schon, wenn ich mich nach dem Siegestor von Andi Ivanschitz zum Hintermann umdrehe, stolz in Richtung des jubelnden Kickers zeige und voller Rührung sage: „Das ist meine Bank.“


erich.kocina@diepresse.com("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2008)

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