Groschenroman statt langweiligen Routinelaufs

Groschenroman statt langweiligen Routinelaufs
Groschenroman statt langweiligen RoutinelaufsReuters
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Runtastics "Story Running" spornt an - ist aber auch unfreiwillig komisch.

Manchmal habe ich diese Ehrgeiz-Phasen. Ich gehe dann öfter laufen und habe eindeutig weniger Spaß dabei. Vielleicht sogar in der Früh – und zwar immer die gleiche kurze Betonstrecke. Selbst Musik hilft da nur wenig. Aber vielleicht ein Spielchen? In eine andere Rolle schlüpfen? „Gamification“ hat längst auch den Hobbysport erreicht, und ich will dem Thema eine Chance geben. Die Smartphone-App Runtastic hat bereits seit einiger Zeit mit „Story Running“ ein solches spielerisches Angebot. Die Idee: Mit Musik und Text in der Ich-Perspektive wird der Lauf zu einem Abenteuer.

Die Hörproben sind wenig überzeugend. Ein kleiner Auszug aus „Dein Weg zum Wunschgewicht“: „Ein – Schritt – nach – dem – anderen. Du kannst es schaffen.“ 30 Minuten Monolog eines Unsportlichen? Ich entscheide mich für „Träger der Wahrheit1 – Die Mauern von Alcatraz“ und laufe los. Das Programm startet mit dem inneren Monolog eines Gefängnis-Ausbrechers, Hintergrundmusik, Keuchen. Plötzlich eine schnulzige Erinnerung an die große Liebe Stefanie. Ich zähle wohl nicht zur Zielgruppe. Kilometer zwei verläuft schleppend. Hundegebell! Entwarnung: gehört zur Story. Flotte Fahrstuhlmusik sorgt für eine hohe „pace“. Dann wieder Sehnsüchte nach Stefanie – ob sie wohl schon verheiratet ist? Schließlich die spannende Lebensgeschichte des Flüchtigen: Er ist Ingenieur – verhaftet wegen Industriespionage. Wie verwegen! Die Musik wird schneller. „Nur noch die Straße hinunter!“ Stimmt tatsächlich! Ist es leicht bald vorbei? Ich lasse mich doch nicht von einer schlechten Geschichte schlagen – pace 4:36 – aber anscheinend zu einer vernünftigen Leistungssteigerung anspornen. Das Ende werde ich nie erfahren: Ich bin frühzeitig am Ziel. Ob ich „Träger der Wahrheit2 – Die Bucht der Fragen“ ausprobiere? Klingt nach Groschenroman. Vielleicht heimlich.

E-Mails an: sara.grasel@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2014)

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