Wenn die Landmark wieder Dutzendhügel wird

Gesendet wird da nichts mehr: Bisamberg.
Gesendet wird da nichts mehr: Bisamberg.(c) Freitag
  • Drucken

Vor gut vier Jahren wurden die Sendemasten gesprengt: Und mit ihnen scheint auch das Glück den Bisamberg verlassen zu haben.

Stimmt schon: Der Ring ist nicht rund, in der Bankgasse steht keine einzige Bank, und nicht einmal die Grinzinger glauben, dass ihre Himmelstraße stracks in den Himmel führt. Anderen Wiener Verkehrswegbenennungen hingegen kann Realitätsbezug nicht abgesprochen werden. Die Triester Straße etwa weist – zumindest so ungefähr – den Weg nach Triest, die Brünner und die Prager Straße geleiten uns halbwegs verlässlich nach Brünn und Prag. Und wer via Hainburger Straße Hainburg erreichen will, wird zwar – so er automobilisiert ist – knapp nach Passieren der „Presse“-Redaktion rüde durch eine den Weg versperrende U-Bahn-Station gestoppt, aber die Richtung wenigstens, die passt.

Mit der Senderstraße, Wien Floridsdorf, hat es eine kompliziertere Bewandtnis. Tatsächlich führt sie auf den Bisamberg, wo sich tatsächlich eine Sendeanlage befindet. Gesendet allerdings wird seit Jahren nicht mehr. Sicher, in Zeiten von Internetradio, Digitalisierung und Glasfaserkabelei lässt sich niemandem aus der Stilllegung eines terrestrischen Mittelwellensenders ein Vorwurf machen. Die Sprengung der dazugehörigen Sendemasten freilich, im Februar 2010 ins explosive Werk gesetzt, die hatte Auswirkungen weit über das Sendetechnische hinaus: Hat sie doch am Wiener Nordwesthorizont eine deutliche Lücke hinterlassen – und dem Bisamberg einen Gutteil seiner Eigenart genommen.

Seither steht er ein wenig verloren, ohne etwas drauf, herum, ein Dutzendhügel, den erst geschätzte 200 Tonnen Stahl zu dem gemacht haben, was er jahrzehntelang war: weithin sichtbarer Bestimmungspunkt der Landschaft. Und mit den Sendemasten scheint auch die Fortüne auf dem Bisamberg dahin: Das Ausflugsgasthaus Magdalenenhof hat erst vergangenes Jahr ein – absehbar desaströses – Hautevolee-Intermezzo hinter sich gebracht; die schmucke Villa gleich nebenan (Eigner: die Stadt Wien) verfällt. Nur den Ziegen des Forstamts, ein paar Meter weiter, denen geht's bislang gut. Detto den Zieseln auf den Wiesen rundherum. Na dann.

E-Mails an:wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.