Donaufeld: So richtig grün ist dort nur der Salat

Statt Grünzeug 6000 Wohneinheiten? Donaufeld.
Statt Grünzeug 6000 Wohneinheiten? Donaufeld.(c) Freitag
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Wenn aus 1000 Wohneinheiten plötzlich 6000 werden oder: Wie viel Freiraum muss sich eine Stadt leisten?

Wie weit ist es vom Stephansdom zum nächsten Salathäuptel? Auf freiem Acker wohlgemerkt! Zehn Kilometer, zwölf, 15? Die Wahrheit heißt: nicht einmal sechs, der Luftlinie nach. In den Gärtnereien des Donaufelds nämlich, zwischen Floridsdorf und Kagran, stehen sie in Reih und Furchenglied. Noch. Denn dass so zentrumsnahe 60 Hektar auf Dauer dem Grünzeug vorbehalten blieben, wäre auch ohne den Druck hiesiger Bevölkerungszuwächse nicht zu erwarten. Und war es historischen Visionen nach schon vor mehr als 100 Jahren nicht.

2009 brachte die damalige Planungssprecherin der Wiener Grünen, Sabine Gretner, Gedanken zu einer Donaufelder Zukunft zu Papier: Die Rede war von „1000 neuen Wohneinheiten“, und im Übrigen sei „eine dörfliche Struktur mit Lebensqualität“ anzustreben. So weit, so moderat. Mittlerweile stellen die Grünen seit bald vier Jahren sogar die amtszuständige Planungsstadträtin, was sich idealerweise nicht nur in Sachen Fußgängerzone Mariahilfer Straße bemerkbar machen sollte. Das aktuelle Leitbild Donaufeld freilich, vor wenigen Monaten vorgestellt, weist statt 1000 nunmehr 6000 Wohneinheiten aus, das Ganze in Baukörpern mit Höhen „zwischen vier bis maximal acht Geschoßen“. Nicht zu vergessen die „vereinzelten Hochpunkte“, die darüber hinaus „vorstellbar“ seien. Vorstellbar für wen? Für die Anwohner? Oder für Immobilieninvestoren?

Frau Gretners Leser jedenfalls werden sich 2009 „dörfliche Strukturen“ mutmaßlich anders imaginiert haben. Und selbst das groß affichierte Donaufelder Viertel, das als öffentlicher Grünraum bleiben darf, wirkt nicht mehr ganz so großzügig, lenkt man die Blicke auf das monumentale „Forum Donaustadt“, das demnächst gleich nebenan knapp 150 Meter hoch in den transdanubischen Himmel betoniert wird. Zur selben Zeit, zu der wir in innerstädtischen Gründerzeitquartieren quadratzentimeterweise um Freiraum ringen, setzen wir an den Rändern den Verdichtungsfuror von ehedem mit neuen Mitteln fort. Aus Schaden wird man klug? Vielleicht anderswo.

E-Mails an:wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2014)

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