Ein verdorbenes Curry macht noch keinen Sommer

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THEMENBILD: WIENER SCHNITZEL(c) APA/GÜNTER R. ARTINGER
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Manchmal ist es bei diesen feucht-tropischen Temperaturen besser, einfach zu Hause zu bleiben.

Ausruhen können wir uns später, denn zu Hause warten unverschämte Rechnungen vom Steuerberater und die Angst, an einem dieser lauen Abende da draußen irgendetwas zu versäumen. Jede Nacht derselbe Traum: nur Zaungast eines Sommers zu sein, während alle anderen an paradiesischen Stränden das pure Leben in Form von erfrischender Meeresluft und eiskalten Sommerspritzern inhalieren. Seltsam ungewohnt ist es, Urlaub zu haben und doch zu Hause zu sein. Dann wache ich auf, und alles ist gut. Wer will sich schon mit hunderten bedauernswerten Mitreisenden in einen engen Flieger quetschen, wenn doch die Alte Donau nur ein paar Radminuten entfernt ist? Herrlich bodenständig sind auch die paar Wirtshäuser, die deren Ufer säumen – ganz anders als manch viel frequentierte Fressbude am Naschmarkt, wo mich unlängst eine Lokalchefin scholt, weil mir ihr grünes Curry nicht schmeckte: „Das ist nicht mein Problem. Schließlich würde ich mir auch kein Wiener Schnitzel bestellen.“

Bei diesen feucht-tropischen Temperaturen kann es schon passieren, dass die Laune sich auf niedrigem Niveau einpendelt; da nehme ich das nicht persönlich. Überhaupt: Schlechtes Essen ist nicht die größte Herausforderung an diesem Tag. Als ich wenig später vor offenem Fenster im vierten Stock eines mir unbekannten Stiegenhauses stehe und der Makler mir mit einer Handbewegung deutet, ich solle einen Schritt nach draußen machen, ist das Curry längst vergessen. Ungläubig starre ich ihn an, da versucht er es mit einer Aufmunterung: „Jetzt klettern wir über das Gerüst nach oben.“ Meine Antwort bleibt hier besser unerwähnt, nur so viel: Bevor ich vom nächsten Klettergerüst falle, bleibe ich doch lieber zu Hause. Tief versunken in „Nebraska“, einem der wunderbarsten Filme seit Langem, lasse ich den Sommer da draußen einfach Sommer sein.

E-Mails an:anna.gabriel@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2014)

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