Gefüllte Paprikaner der Welt, vereinigt Euch!

Was erwärmt das Gemüt des Auslandsösterreichers schneller als heimatliche Gerüche und Geschmäcker?

Also bin ich hier in Washington zum Gulaschkoch geworden, zum Verehrer der Salzgurke, zum Taxidermisten des Paprika. So knete und rühre und stopfe ich alle paar Wochen, was übrigens eine exzellente Möglichkeit zum Abschalten ist, denn wie wollen Sie alle fünf Minuten auf Ihrem Smartphone herumtippseln, wenn Ihre Hände in einer Masse aus Faschiertem, Reis, Knoblauch, Zwiebeln und Gewürzen versenkt sind?

Wenn man so knetend und rührend und stopfend abschaltet, haben die Gedanken Zeit, um die grundlegenden kosmischen Fragen zu kreisen, zum Beispiel um diese: Wer hat den gefüllten Paprika erfunden? Die Ungarn, denkt man spontan, denn die magyarische Version dieses Gerichts zu loben nötigt mich nicht nur meine ungarische Vorfahrenschaft, doch nein: Die Ungarn waren es wohl nicht. Den Paprika füllt man – unter anderem – auch in Tschechien, der Slowakei, Polen, Serbien, Bulgarien, Rumänien, Slowenien (mit Erdäpfeln gar!), Griechenland, der Türkei, Georgien und Aserbaidschan. Wer hat damit begonnen? Die Wortherkunft hilft uns kaum weiter: Paprika stammt laut Kluges etymologischem Wörterbuch wie Pfeffer vom serbischen pàpar, was über das Lateinische und Griechische vom altindischen pippalī herrührt. Vom indischen Subkontinent kam der schwarze Pfeffer zu uns, die Paprikapflanze jedoch brachten uns die Spanier aus Südamerika, weshalb sie unter anderem auch der Baske füllt und brät. Wie sie dann den Sprung zu den Osmanen geschafft hat, die sie auf dem Balkan eingeführt und nach der Schlacht von Mohács in Ungarn angebaut haben, ist mir schleierhaft. Danilo Kiš wüsste wohl die Antwort, er hat sich im Essay „Das Lebkuchenherz“ mit der Absurdität des kulinarischen Nationalismus befasst, doch leider ist dieser große wojwodinische Europäer seit 25 Jahren tot. Wissen Sie vielleicht die Antwort? Dann könnten wir die Frage hier in zwei Wochen einer Lösung zuführen.

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2014)

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