Mein unfreiwilliger Orientierungslauf

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Vorausgeschickt: Ich habe einen guten Orientierungssinn – zumindest grundsätzlich.

Nach Jahren kann ich mich noch an die Straßen (ja, selbst an die Seitengassen) in fremden Städten erinnern. Doch das alles half nichts: Ich habe mich in den vergangenen Wochen gleich mehrmals heillos verlaufen. In einem Park in Wien.

Sie werden sich vermutlich fragen, wie das sein kann. Gegenfrage: Sind Sie schon einmal mit einem Plan in der Hand in einem großteils aus Wald bestehenden Park gelaufen? Ich habe meinen ersten Versuch im Pötzleinsdorfer Schlosspark im 18.Bezirk gestartet. Ein traumhaftes Plätzchen. Weniger traumhaft war, dass ich erst nach 47Minuten bemerkte, dass ich schon nach 200 Metern die falsche Abzweigung genommen hatte. Der Hinweis in meinem Plan „Richtung Westen weiterlaufen“ war mir nicht präzise genug. Für andere wäre er es offenbar gewesen. Denn zurück in der Redaktion wartete Kollegin U. mit einem gut gemeinten Tipp auf: „Da musst du doch nur schauen, an welcher Seite der Bäume das Moos wächst.“ Vielen Dank auch. Mein Versuch Nummer zwei ging trotzdem schief. Ich hätte wohl spätestens dann stutzig werden sollen, als der Radfahrer sagte: „Ja, laufen können Sie hier schon, aber die Strecke ist halt etwas für Bergläufer.“ Nach einer Stunde und 42 Minuten war ich zurück beim Auto – und völlig erschöpft. Ich wäre die Strecke sicherlich kein drittes Mal gelaufen, würde es sich nicht um die schönste Route handeln, die ich kenne. Im Wald stehen Rehe, in der Allee purzeln die Kastanien von den Bäumen und in den Teichen schwimmen die Enten. Ist Ihr Interesse geweckt? Hier ein Wegweiser durch den Irrgarten: Wenn Sie die Neuwaldegger Straße queren, laufen Sie links an der Telefonzelle vorbei. Ein Stück nach dem Jagdhaus kommt eine scharfe Rechtskurve, dort laufen Sie gerade. Dann durch die Artariastraße und die Geroldgasse und beim Geroldbach hinein in den Wald und zurück nach Pötzleinsdorf.

Und falls auch diese Orientierungshilfe nichts hilft: Das Moos an den Bäumen wächst hierzulande meist auf der Nordwestseite, wie ich nun weiß.

E-Mails an: julia.neuhauser@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.