Stoppelgeld im Vorstadtbeisl

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Auf Privatsendern war es ja eine Zeit lang ein beliebtes Sendungskonzept, unterschiedliche soziale Welten aufeinanderprallen zu lassen.

Auf Privatsendern war es ja eine Zeit lang ein beliebtes Sendungskonzept, unterschiedliche soziale Welten aufeinanderprallen zu lassen. „Tausche Familie“, „Tausche Frau“ oder „Tausche Leben“ erlaubten dem Fernsehvoyeur, sich an – meist noch zusätzlich inszenierten oder angestachelten – Konflikten zwischen reich und arm, zwischen weltgewandt und provinziell, zwischen tütü und bumbum zu ergötzen. Wirklich originell sind diese Schaukämpfe längst nicht mehr, doch wer die richtigen Freunde hat, muss sich ohnehin nicht mit dem passiven Konsum vor dem Fernseher zufrieden geben – sondern erlebt auch im Alltag seinen persönlichen Clash of Civilizations.

Wenn sich etwa jemand, aus welchem Grund auch immer, dazu entschlossen hat, bis zum Ende des Jahres keinen Alkohol mehr zu trinken. Nur im Vorstadtbeisl – so eines mit Harley-Davidson-Fahne hinter der Bar, nur damit man sich das besser vorstellen kann – ist gerade kein Bier ohne Alkohol vorrätig. Da lehnt sich besagter Freund vor, mustert die Kellnerin in ihrem schwarzen Lederdress und präsentiert einen Vorschlag: Ob sie denn wisse, was Stoppelgeld ist. Um danach, ohne auf die Antwort zu warten, das Konzept dahinter erklärt und vorschlägt, dass er jetzt schnell von daheim zwei Flaschen Schlossgold holen geht. Fast schade, dass in diesem Moment kein Drehteam eines Privatsenders das Gesicht der Kellnerin in einer Nahaufnahme brachte.

Apropos Bierflasche, das muss auch einmal gesagt werden: Die lustigen Behältnisse, deren Kronkorken man aufdrehen kann, haben das Verletzungsrisiko beim Flaschenöffnen doch deutlich erhöht. Zum einen, weil die Zacken ohnehin nicht die angenehmste Oberfläche sind, auf die man mit der Hand Druck ausüben möchte. Zum anderen, weil dadurch auch die Gewohnheit entstanden ist, es bei jeder Flasche zunächst einmal mit Drehen zu probieren. Was beim Großteil der Flaschen, die ausschließlich konventionell mit Flaschenöffner geknackt werden können, sehr schmerzhaft sein kann. Aber zugegeben, genug Stoff für eine eigene Fernsehsendung ist das dann doch noch nicht.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2014)

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