Lionel Messi im Tutu

Ballettschülerin
BallettschülerinStanislav Jenis
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Manchmal kommt das Kind mit Dingen daher, die hat es bestimmt nicht von mir. Eher im Gegenteil.

Manchmal kommt das Kind mit Dingen daher, die hat es bestimmt nicht von mir. Eher im Gegenteil. Schon als es zwei Jahre alt war, wollte es Ballett machen. Jetzt kennen Sie mich zwar nicht, aber glauben Sie mir, das Ballett und ich, wir sind nie Freunde geworden: Als ich klein war, gingen die Buben zum Judo und die Mädchen zum Ballett. Nur ich nicht. Ich habe mich mit Tobsuchtsanfällen vor der Schnupperstunde gedrückt und musste mich nie wieder mit Tutus und Plié auseinandersetzen. Bis das Kind kam. Und ganz anders wurde. Seit es drei ist, geht es zum Ballett, hat längst richtige (und richtig teure) Ballettschuhe. (Meine vorsichtige Frage im Ballett-Ausrüstungsgeschäft, ob es in diesem Alter nicht ausreichend sei, wenn das Kind normale Turnpatschen trage, wurde von Verkäuferin und Kind gleichermaßen mit einer empört gehobenen Augenbraue quittiert.)

Die zweite große Leidenschaft des Kindes ist das Fußballspielen. So richtig, im Verein. Das geht zwar noch nicht, weil das Kind für alle in erträglicher Entfernung liegenden Mädchenteams zu jung ist, aber im nächsten Herbst darf es voraussichtlich beginnen. Und bis dahin, glauben Sie mir, gibt es noch viel zu tun. Jetzt ist das Kind zwar tatsächlich mit dem Ball nicht ganz ungeschickt (aber welche Mutter würde schon das Gegenteil behaupten?), hat es aber nicht übertrieben mit dem Teamgeist und hält, und das ist vermutlich die größte Hürde vor der Fußballerkarriere, recht wenig von Anweisungen im Allgemeinen und den gängigen Regeln des Fußballspiels im Speziellen. Wenn wir also trainieren, sieht das in etwa so aus: Das Kind läuft dem Ball hinterher, ich laufe dem Kind hinterher (weil wehe, ich nehme ihm den Ball ab), und die Tore bleiben unberührt. Manchmal, wenn ich auf gewissen Regeln beharre, schickt mich das Kind vom Spielfeld und teilt mir die Rolle des Ersatzspielers zu. Ich stehe also am Rand und spüre die bösen Blicke der großen Buben, die hier einem tatsächlich existierenden Ballspiel nachgehen möchten und den Platz von einer Vierjährigen okkupiert vorfinden, die den Ball beiseite gelegt hat und den Strafraum mit Straßenkreiden rosalila verziert. Wie gesagt, es gibt noch viel zu tun.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2014)

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