Das Rindfleisch ist wieder sauteuer

(c) AP (Rui Vieira)
  • Drucken

Begegnen wir herrenlosen Damenrädern, erscheint uns das nicht unbedingt richtig falsch.

Wir alle behaupten zwar, die deutsche Sprache zu beherrschen, doch ab und zu muckt die derart Beherrschte auf und gehorcht nicht. In einigen Fällen hat dieses Aufmucken für unser Tun und Sein nicht einmal Konsequenzen, doch bei genauem Hinschauen offenbaren sich regelrechte Kleinode, die ein wenig ins Scheinwerferlicht gerückt werden sollen. Mainstream-Beispiele wie den „eingefleischten Vegetarier“ lassen wir einmal beiseite, wenden wir uns lieber dem Underground zu – für Feinspitze, sozusagen. In Zeiten steigender Lebensmittelpreise dürften wir etwa dem „sauteuren Rindfleisch“ immer häufiger begegnen. Umgekehrt werden wir angesichts rekordverdächtiger Benzinpreise wohl seltener auf „herrenlose Damenräder“ treffen.

Sprachliche Pseudoparadoxa begegnen uns auch häufig, wenn gegensätzliche Adjektive aufeinander treffen. Wenn wir etwa etwas ganz „schön hässlich“ (in Österreich „schee schiach“) finden, wir bass erstaunt ausrufen, dass der Kühlschrank „voll leer“ sei oder wir am sonntäglichen Sudoku scheitern – es ist halt „einfach kompliziert“. Und wie so oft erschließt sich uns die Paradoxie gar nicht so recht, wenn wir etwa erzählen, dass die Tochter schon „lange kurze“ Haare hat. Genauso wenig fällt uns auf, wenn unsere Zeitangaben unlogisch sind: Das beginnt bei „heute morgen“, setzt sich fort, wenn man etwas „jetzt gleich“ macht und endet, wenn wir „langsam schneller“ werden. Erwischt, oder? Sie alle verwenden Floskeln wie diese, ohne sich über logische Holperer Gedanken zu machen. Bei aller Logik, so „richtig falsch“ ist das alles doch nicht, werden Sie jetzt einwenden. Stimmt, das können Sie „ruhig laut“ sagen. Und selbst nach Lektüre dieser Zeilen, werden Sie Ihre Sprache nicht ändern, das ist mir schon klar. Da hilft „alles nichts“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.