Ein Honiglecken

(C) WIKI/ Stahlkocher
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Andrzej Wilk steht im Herbstwind von Maryland und muss sich ein bisschen über die Gewerbebehörde dieses US-Staates ärgern.

„Die behandeln mich so, als wäre ich Walmart und wollte den Grand Canyon mit einem Shoppingcenter zupflastern.“

Glücklicherweise trifft weder jenes zu, noch führt der tatkräftige Chemiker aus Łódź dieses im Schilde. Herr Wilk und seine Frau Marzanna haben ein ganz anderes Ziel vor Augen: die Amerikaner auf den Geschmack des Honigweins zu bringen. Einfach wird das nicht, denn Honigwein, im Deutschen „Met“, im Englischen „Mead“ und im Polnischen „Miód pitny“ genannt, kennt man hier ebenso wenig wie in Österreich. Jenseits der Welt der Kreuzworträtsellöser („germanischer Honigwein, drei Buchstaben“) und jener von Freunden mittelalterlicher Rollenspiele scheint Met in Österreich keine weite Verbreitung gefunden zu haben.

Das ist bedauerlich, denn aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Zuckerarten im Honig und Gewürzen lassen sich exzellente Getränke herstellen, die als Aperitif ebenso serviert werden können wie zum Hauptgericht oder Dessert. Die Wilks erweitern seit der Eröffnung ihres Betriebes im Herbst 2006, der Orchid Cellar Meadery & Winery in Middletown nahe der Grenze zu Virginia, das Sortiment ihrer Mets mit Einfallsreichtum und dem Rückgriff auf alte Rezepturen aus Polen (die einst polnische Universität von Lemberg hatte vor dem Zweiten Weltkrieg sogar ein Met-Forschungszentrum). Ein auf Apfelcider basierender Met etwa hat vergleichsweise bescheidene 12,6 Prozent Alkoholgehalt und kann gekühlt zu Geflügel- oder Fischgerichten gereicht werden. Ein anderer reift 24 Monate lang mit exquisiten Hopfenblüten versetzt und ergibt einen tollen herbstlichen Aperitif. Auf Basis von Petit-Verdot-Trauben wiederum zaubert Wilk einen Met, der so manchem Porto Konkurrenz macht. Das erstaunlichste Exemplar der Meadery ist allerdings der „Ghost Hunter“: ein Met, versetzt mit Schoten der Bhut Jolokia, einer der schärfsten Chilis der Welt. Das gibt ein Pfefferl, von dem so mancher Grüne Veltliner nur träumen kann.

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2014)

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