Die Schokohasen und ihr düsteres Geheimnis

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Sie sind in einwandfreiem Zustand, die Schokohasen, sie sind adäquat temperiert oben auf dem Regal gesessen und haben hübsch ausgesehen.

Ja, sie saßen lang dort, nun ja, seit Ostern halt, wie das so ist mit Schokohasen. Sie wurden auf das Regal verbannt, um dem völlig ungehemmten Zuckerkonsum Einhalt zu gebieten. Es ist nämlich so, dass vor allem jene, die davor warnen, Kindern zu viel Süßes zu verabreichen, überhaupt von allem nicht zu viel zu verabreichen (abgesehen von Hauben, Handschuhen und Schals) gern in letzter Minute noch ein wenig Schokolade hervorzaubern, falls doch zu wenig davon da sein sollte.

Nun kommen aber bald die Adventkalender und die Schoko-Nikoläuse, und es ist Zeit, dass die Hasen verschwinden. Ist es legitim, in einem chronisch unterzuckerten Büro Schokolade anzubieten, die nachweislich älter als ein paar Wochen ist? Geht gar nicht, meinen jene, für die das Ablaufdatum so etwas wie die Heilige Schrift ist. Es hat dann auch relativ wenig Sinn, darüber zu referieren, wie das so ist mit den Hasen und den Nikolos und dem, was unter ihrer Stanniolhaut ist. Und wo es vorher war. Vielleicht sollte man die Hasen verschwinden und nächstes Jahr zu Ostern wiederauferstehen lassen? Merkt garantiert keiner.

Mit diesen Figuren ist es leider so: Die größte Freude macht man zwar mit den ganz Großen, gegessen werden dann aber immer lieber die Kleinen. Vom großen Hasen wird maximal der Kopf abgebissen, der Rest bleibt über und wird irgendwann zu Kakao, oder er wartet vergeblich auf seine Bestimmung. Im Büro werden die angebissenen Figuren seltsamerweise auch nicht goutiert. Dabei schreit immer jeder nach Schokolade.

Heute ist übrigens Weltspartag, das wurde erfunden, um dem Sparen neuen Aufschwung zu geben. Damals gab es noch Zinsen. Heute ist auch Halloween, da gibt es extra für diesen Zweck designte Süßigkeiten. Vielleicht mischt sich für den einen oder anderen ein Schokohase darunter. Ein Monsterhase halt.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2014)

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