Schani vom Dienst

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Es gibt aber wahrscheinlich keine andere Bevölkerungsgruppe, die als so vertrauenswürdig wie Erwachsene mit Kindern gilt.

Als Mutter mit Kleinkind geht man den Mitmenschen mitunter dank sperrigen Kinderwagens, lärmenden, weinenden oder anderen mit dem Rad über die Füße fahrenden Anhangs ziemlich auf die Nerven. Für andere, etwa die lästigen Werber auf Einkaufsstraßen, ist man mit Kind an der Hand ein No-go (angenehm!). Flugzettel für Clubbings bekommt man dafür – man ist sichtlich aus der Zielgruppe ausgehfreudiger Erwachsener rausgekippt – nicht mehr in die Hand gedrückt (frustrierend!).

Es gibt aber wahrscheinlich keine andere Bevölkerungsgruppe, die als so vertrauenswürdig wie Erwachsene mit Kindern gilt. Seit das Kind auf der Welt ist, werde ich zum Beispiel viel öfter nach dem Weg gefragt als früher. In breiten Teilen der Bevölkerung wird man auch als mobiler Nahversorger geschätzt: Noch nie haben mich so viele wildfremde Menschen um ein Taschentuch, ein Pflaster oder gleich einen Desinfektionsspray gebeten, weil sie annehmen, dass man als Mutter einen ganzen Erste-Hilfe-Kasten im Kinderwagen verstaut hat. (Womit sie natürlich völlig recht haben.)

Auch bei Jugendlichen gilt man als Mutter mit Kind als verlässlich. Bisheriges Highlight meiner Karriere als „Können Sie kurz aufpassen?“-Tante war heuer im Sommerurlaub, als mich eine Gruppe frisch angereister Teenager darum bat, „kurz“ ihre Sachen zu beaufsichtigen. Während die Damen quasi direkt vom Flughafen ins Meer sprangen, musste ich auf fremde Liegestühle starren, auf denen vier Handtaschen lagen. Das macht schon als Mensch ohne Kind wenig Spaß. Mit Kind führt es dazu, dass sich neben der Mutter schnell schlechte Laune ausbreitet, die sich erst wieder auflöst, wenn die Gruppe nach einer gefühlten Stunde aus dem Wasser zurückkehrt. Und sich dann nicht einmal bedankt.

Ich habe meine Lektion jedenfalls gelernt und passe seither bestenfalls auf fremde Hunde vor der Apotheke auf. Da freut sich auch das Kind. Taschentücher habe ich in Schnupfenzeiten wie diesen natürlich stets eingesteckt. Und falls Sie im Stadtpark unterwegs sind und Halsweh haben, sprechen Sie mich ruhig an. Sie bekommen ungeschaut fünf Globuli von mir. Belladonna D30.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2014)

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