Von Parkhaus-Charme und Waldmühlen-Nachhaltigkeit

Freitag
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Waldmühle. Was für ein Name! Da riecht man den Duft von Harz und Tannennadeln, da hört man Mühlradklappern und Bächleinrauschen, da sieht man den Förster federnden Schrittes dem lustigen Weidwerk nachgehen.

Was die Waldmühle Rodaun betrifft, war die Anmutung in den vergangenen 100 Jahren eine etwas andere. Waldmühle, das war jene Stelle im Kaltenleutgebner Tal, an der sich bis 2013 die Perlmooser Zementfabrik erhob, finster wie eine Raubritterburg, den Blick auf alles Weitere versperrend, als gäb's dahinter nichts zu hoffen. Sie stand schon seit Mitte der 1990er–Jahre still, was den Gedanken keimen ließ, die Industriebrache in bester Grünruhelage mit neuem Wohnsinn auszustatten.

Hat man denn auch: Per Dezember 2009 ward eine entsprechende Umwidmung im Wiener Gemeinderat beschlossen. Und dass erst im Jahr darauf ein Raumnutzungskonzept für die Region in Auftrag gegeben wurde, das eigentlich Voraussetzung der Umwidmung hätte sein müssen, ist halt raumplanerischer Alltag im Grenzland zwischen Wien und Niederösterreich.

Macht nichts: Es ist ja nur eine ganz kleine Großwohnanlage, eine mit 450 Wohnungen, die anstelle der Zementfabrik derzeit in den Wienerwälder Himmel wächst, es sind ja nur (mindestens) 600 zusätzliche Autos, die sich ab 2016 von und zur neuen Waldmühle Rodaun durch die enge Talschaft an der Dürren Liesing quetschen werden. Und was das so ganz genau und im Detail bedeutet, darüber haben sich die Verkehrsplaner auch erst nach Widmung statt davor den Kopf zerbrochen.

Die Nachhaltigkeit jedenfalls, die heutzutag rundum so wichtig ist, sie wird hier für die Anlieger vielleicht ganz anders wirklich als gedacht: nämlich derart, ziemlich nachhaltig im Stau zu stehen. Und auch für jene, denen die Betonwucht der Zementfabrik schon fehlt, ist vorgesorgt: Sie werden dereinst im herzhaften Charme eines geschätzte 100 Meter langen und fünf Geschoße hohen Parkhauses würdigen Ersatz finden. Waldmühler geht's gar nicht.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2014)

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