Weihnachten riecht nicht immer nach Vanille

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Und der Playmobil-Ritter darf auch zur Krippe kommen.

Die Weihnachtssachen haben ein Jahr im Keller verbracht, was keine gute Idee war, weil sie nun nach Keller riechen und dieser muffige, modrige Geruch auch mit vielen Tricks nicht mehr weggeht. Ähnlich anhänglich ist übrigens nur der Geruch von Mottenkugeln, Wunderbäumen und Koriander. Die Kinder finden diesen Kellerduft aber wunderbar, weil er so fremd und selten ist in einer Zeit, wo es überall nach Vanille, Zimt und Tannennadeln riecht, wenn auch manchmal nur künstlich erzeugt und über Duftlampen verbreitet.

Die Weihnachtssachen haben auch an Glanz verloren, und nicht nur das. Beim dicken Weihnachtsmann, der zwei Teelichter in die Höhe stemmt, ist ein Arm abgebrochen. Die angeschneite Glitzertanne ist krumm geworden, nicht nur einem Engerl fehlt ein Flügerl, und die funkelnden Sterne haben auch schon eine weite Reise durchs Universum hinter sich. Den Kindern ist das völlig egal, jedes einzelne Ding, das sie wiedererkennen, wird freudigst begrüßt. Sie wollen keine neue Dekoration, die perfekt ist, sondern das Alte wiedersehen, weil Weihnachten vor allem auch die Wiederholung sein muss von dem, was sie in Erinnerung behalten haben. Hauptsache, das Jesuskind liegt in der Krippe. Statt des verloren gegangenen Hirten darf dafür nun auch ein Playmobil-Ritter Stellung beziehen.

Die Kekse müssen auch nur gebacken werden, damit wir Kekse gebacken haben, sie dürfen brechen und ein bisschen arm aussehen, wir schütten Streusel darüber, und erst wenn in der ganzen Wohnung ein bisschen Streusel liegt, hat der Advent richtig begonnen.

Angeknackster Kitsch ist nicht mehr rührselig, sondern rührend. Dem lachenden Bienenwachsstern ist ein Kullerauge abgefallen. „Schau, er zwinkert“, sagt ein Kind. So zerdepscht kann etwas gar nicht sein, dass es nicht mehr mitfeiern darf.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2014)

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