Hohe Wand: Trockentraining vor dem Spuk – oder danach

Benedikt Kommenda
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Auf die Hohe Wand darf man das ganze Jahr über fahren. Nur jetzt nicht, weil die Mautstraße wegen des Eisbruchs noch einige Tage gesperrt ist.

Als ich neulich mit dem Fahrrad auf die Hohe Wand fuhr, tarnte sich das nahende Unheil noch als Idylle: Zauberhafte Eisformationen waren an Ästen, Blättern und Nadeln angewachsen und ragten wie gefrorene Fähnchen zur Seite. Ein Knacken hier, ein Krachen dort waren vereinzelte Anzeichen dafür, welch schwere Lasten sich an den Bäumen ansammelten. Sirenen riefen die Freiwillige Feuerwehr zu einem ersten Einsatz aufs Hochplateau, den ich zunächst nicht zu deuten wusste.

In den Tagen darauf wurde die Lage sehr rasch sehr kritisch. Reihenweise knickten Bäume um, zerrissen Stromleitungen, verlegten Straßen und Wege. Im Nachhinein fühle ich mich wie ein ertappter Voyeur, der sich knapp vor der Katastrophe an den schönsten Anblicken ergötzte. Dabei wollte ich nur eine Bergstrecke ausfindig machen, die trotz weit verbreiteter bundesforstlicher Winterruhe jetzt noch befahren werden darf. Außerdem hoffte ich, dem Nebel in der Tiefe zu entkommen.

Es war ein einziger Misserfolg. Punkto Strecke folgte ich dem Tipp einer ortskundigen Auskunftsperson und suchte eine Mountainbike-Strecke von Waldegg auf die Hohe Wand. Ich glaube mittlerweile nicht, dass es eine solche dedizierte Strecke gibt. Gefahren bin ich einen Teil des Piestingtal-Radwegs, dann über Dreistetten und Muthmannsdorf zur steilen Mautstraße. Die wird relativ wenig befahren, ist asphaltiert und taugt gleichsam zum Trockentraining (gratis, aber Achtung: Die Auffahrt ist noch ein paar Tage gesperrt). Die Straße oben beginnt bei einer Engelbert-Dollfuß-Gedenkstätte („Freund und Wohltäter der Hohen Wand“). Statt Kleiner-Kanzler-Straße heißt sie aber Kleine-Kanzel-Straße, und zwar nach ihrem Ziel: Von der Kleinen Kanzel aus hätte man, auf fast 1100 Meter Seehöhe, einen Ausblick auf den Schneeberg. Läge nicht eine dichte Nebelwand dazwischen.

Oben war es so kalt, wie es jetzt morgens in Wien ist. Kalte Finger kann man sich also auch beim Radeln in der Stadt holen, zurzeit sogar bei Sonnenschein. 1000 Höhenmeter legt man da aber nicht so bald zurück.

Kartenansich

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2014)

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