Schnee darf bei den Zutaten nicht fehlen

(c) Clemens Fabry
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Kaffee kaufen war auch schon einmal einfacher.

Der freundliche junge Mann will wissen, ob der gewünschte Kaffee die „Weihnachtsmischung“ sein soll, und ich sage, nein, bitte normal, und er sagt, normal ist relativ, und ich sage ja, eh, also so normal wie immer, und er sagt, und immer ist dann normal? Bevor ich ausholen kann, dass normal das ist, was sonst ist, wenn nicht wegen Weihnachten alles anders sein muss, ist schon der Nächste dran. Kaffee kaufen war auch schon einmal einfacher.

Was macht diese Weihnachtsmischung eigentlich aus, abseits von Kaffeeröstungen, die im Dezember offenbar karamelliger schmecken müssen? Schnee wäre schon einmal eine wichtige Zutat. Auch die Schneehöhen, die man sich wünscht, sind relativ, kleine Menschen finden schon kleine Schneehöhen hoch, da wird man mit zunehmender Größe ein wenig anspruchsvoller, aber bei keinem Schnee, darüber sind wir uns einig, ist nichts relativ, da ist einfach nichts da.

Nun hört man schon seit Tagen, dass es in Wien keine weißen Weihnachten geben wird. Das nimmt jenen viel Vorfreude, die vom Schnee in der Weihnachtsmischung geprägt sind, von früher, als immer Schnee lag, aber auch von Weihnachtskarten, von Bilderbüchern, von Geschichten über arme Kinder, die mit kalten Füßen durch den knirschenden Schnee stapfen, von Liedern, in denen es permanent in dicken, fetten Flocken schneit.

Vielleicht stimmen die Vorhersagen nicht. Dennoch liegt schon der Reiz darin, sich vorzustellen, wie das wäre, wenn es einmal wieder klappen könnte mit dem Schnee. Die Bedeutung von Vorfreude wird zunehmend unterschätzt. Auch wenn das, was dann kommt, oft nicht so schön ist wie lang zuvor ausgemalt, der Himmel nicht so blau, die Feier nicht so ausgelassen, das Wiedersehen nicht so herzlich. Die Gedanken daran, vorher, die haben auch einen Wert. Wie relativ der ist, sollte man bei einem Kaffee besprechen. Normalerweise bei einer Weihnachtsmischung.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2014)

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