Ausreden werden erst ab frostigen –15 Grad akzeptiert

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Es lässt sich leicht lokalisieren. Ganz rechts hinten in meinem Hals – wenn ich so recht überlege, eigentlich auch links –, da steckt ein Kloß.

Oder vielleicht kratzt es auch einfach nur. Auch schon egal. Es ist jedenfalls wieder einmal so weit: Ich habe Halsschmerzen.

Über die Ursachen kann ich nur spekulieren. Wobei sich schon ein ziemlich konkreter Verdacht aufdrängt. Es muss am Sonntagabend passiert sein. Da habe ich lang mit mir gerungen, ob ich bei dieser Kälte tatsächlich laufen gehen soll. Schlussendlich wagte ich es. Die mahnenden Worte meines Kollegen und Laufmotivators waren wohl noch (zu) präsent: „Ausreden werden nur bei besonders frostigen Minusgraden akzeptiert“, stand da im letzten Satz seiner Einladung zur nächsten Laufrunde geschrieben. An besagtem Sonntagabend hatte es aber „sogar“ vier Grad. Und so lief ich. Handschuhe und Haube waren Pflicht. Meinen Schal zog ich über Mund und Nase, die Zunge rollte ich zusammen und legte sie auf den Gaumen, um die kalte Luft zu wärmen – so, wie es mein Jugendtrainer damals, beim winterlichen Grundlagentraining, immer gepredigt hatte. Es half nichts. Seit einigen Tagen stehen bei mir Kräutertees wieder ähnlich hoch im Kurs wie Taschentücher, Tropfen und Lutschtabletten. Da lag ein Schluss nahe: Das Training ist schuld.

Doch wer bereits die Hoffnung hegte, dass diese Geschichte ein Freifahrtschein für das Faulenzen bei frostigen Temperaturen sein sollte, der sei gewarnt: Ich habe mich bei einem Sportarzt und Umweltmediziner der Medizin-Uni Wien umgehört. Laut diesem ist das Laufen bis minus fünf Grad unbedenklich. Selbst bei minus zehn bis minus 15 Grad ist es „noch tolerabel“ (auch wenn jeder Sportler unterschiedlich auf Kälte reagiert). Da sei der Körper nämlich grundsätzlich noch imstande, die eingeatmete Luft zu erwärmen. Erst dann ist man aus Temperaturgründen definitiv entschuldigt.

Ich habe eine andere Rechtfertigung für die Absage des Trainings gefunden: Halsweh ist laut Arzt nämlich tatsächlich Grund genug für eine (Zwangs-)Pause.

E-Mails an: julia.neuhauser@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2014)

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