Rund um die Liftstützen ist der Schnee besonders tief

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Wie teilt man Menschen, deren Nummern man nicht mehr hat, mit, dass dem so ist?

Tiefer Schnee schluckt nicht nur Geräusche, er kann auch Handys schlucken. Und nie mehr hergeben. Irgendwann wird es tauen, ja. Und ja, es ist herrlich, nicht mehr ständig erreichbar zu sein, keine Nachrichten beantworten zu müssen, nicht am Lift die Wettervorhersage für Athen, Gmunden und New York (dort ist gerade Nacht, und es funkeln die Sterne, schaut super aus) zu checken, obwohl man dort weder hinfährt, noch sonst irgendeinen Grund hat, sich dafür zu interessieren. Es ist sehr heilsam, Wartezeiten wieder mit wertvollen Gesprächen von Angesicht zu Angesicht (mit wem auch immer) zu verbringen, anstatt Candy Crush zu spielen. Es ist gut, berufliche E-Mails nicht mehr spätnachts zu beantworten. Überhaupt spätnachts zu schlafen, statt mit Abwesenden zu kommunizieren.


So sieht also der Beginn der persönlichen Entrümpelung aus, die dringend erwünscht war. Es ist wirklich gut, dass dieser eiskalte, superpulverige Tiefschnee das für einen erledigt hat. Man hat sich auch beim stundenlangen Buddeln, vor allem rund um die Liftstützen, wo der Schnee besonders fluffig ist, gar nicht wie eine Idiotin gefühlt, das war vielmehr wie eine Befreiung von den idiotischen Zwängen, die einem ein ständig nach Strom und WLAN lechzendes Handy auferlegt.

Gleichzeitig steht man vor der absurden Situation, Menschen, deren Nummern man nun nicht mehr hat, mitzuteilen, dass man nicht rückrufunwillig, sondern rückrufunfähig ist. Somit wird auch gleich der Bekanntenkreis, dessen Silvesterwünsche im Schnee ungehört verstummten, deutlich ausgedünnt.

Auch das ist eine Art von Entrümpeln. Dabei gehen leider immer auch Dinge verloren, die man gar nicht los haben wollte.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2015)

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