Nennt mich langweilig, aber ich laufe gerne

Marathonlauf in Wien
Marathonlauf in Wien(c) BilderBox
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Fußball. Das ist Sport. Das ist Spannung. Und warum genau gehst du eigentlich laufen?

Fußball: ein Ball, zwei Mannschaften, zwei Tore. Das ist Sport. Das ist Spannung. Und Beachvolleyball erst. Da muss man nicht ganze 90 Minuten auf die Entscheidung warten, da geht es schon mit dem ersten Ballwechsel richtig los – und von da an Schlag auf Schlag. Und warum genau gehst du noch einmal laufen?

So, oder so ähnlich haben Gespräche über das Laufen schon des Öfteren begonnen. Manchmal auch gleich wieder geendet. An nervenstarken Tagen habe ich mich auf die Diskussion eingelassen und meine Gegenargumente vorgebracht: „Laufen ist sensationell, nirgendwo sonst kann man so gut abschalten“, sagte ich dann etwa. Verdutzte Blicke bei meinem Gegenüber: „Du läufst vor dich hin, ohne ein Ziel vor Augen zu haben. Ich vermute, du verwechselst da Entspannung mit Langeweile.“ Ich nahm den Rückschlag sportlich und startete noch einen Überzeugungsversuch: „Das Gefühl danach – die Freude, die Genugtuung – ist genial.“ Doch auch nun keine Spur von Begeisterung, ja nicht einmal Verständnis bei meinem Gesprächspartner: „Um mit mir selbst zufrieden zu sein, muss ich nicht laufen. Du schon?“ Das hat gesessen. Ich holte zum zugegebenermaßen plumpen Gegenangriff aus: „Kannst du deine Sportart auch überall ausüben, oder bist du auf deinen Rasen oder deine Sandkiste angewiesen? Was machst du, wenn dich deine Freunde versetzen? Gar keinen Sport? Und wie überbrückt man als Fußballer eigentlich den Winter?“ Die Antwort kam prompt: „Das ändert nichts: Laufen macht keinen Spaß.“

(c) Die Presse

Gut, man kann nicht jeden überzeugen – zumindest so lange nicht, bis der Laufmuffel selbst in die Sportschuhe schlüpft und fühlt, wie inspirierend das Laufen sein kann. Wer es einmal probieren möchte: Laufen im Türkenschanzpark (nicht unbedingt die Anreise über den Gürtel) ist zu empfehlen. Doch vorerst bleibt mir nur zu sagen: „Nennt mich langweilig, aber ja, ich laufe gerne.“

E-Mails an: julia.neuhauser@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2015)

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