Rettet das Deppen-A

(c) AP (Jörg Sarbach)
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Der Wiener neigt dazu, zwischen zwei Konsonanten ein A einzubauen, das hier nichts verloren hat.

Wenn Sprachpfleger in die Schlacht ziehen, geht es meist darum, alltäglich verbreitete Sprachphänomene mit Häme zu überziehen und deren Verursacher an den Pranger zu stellen. Nehmen wir etwa die Apostrophitis, landläufig auch als „Deppenapostroph“ bekannt. Sie wissen schon, da lesen wir von der „Spezialität des Hause's“ oder stehen fassungslos vor „Trikot's“, während uns der Kellner ein paar „Drink's“ mixt. Weit verbreitet ist auch die Anwendung von Leerzeichen in Komposita – weniger euphemistisch auch „Deppenleerzeichen“ genannt. Davon sprechen wir dann, wenn aus dem „Diplomingenieur“ (passt) oder dem „Diplom-Ingenieur“ (passt auch) plötzlich ein „Diplom Ingenieur“ (oje) wird.

Doch diesmal wollen wir den Spieß umdrehen und uns einem liebenswürdigen Phänomen widmen, das Sprachpfleger wohl als „Deppen-A“ bezeichnen würden. Gerade der Wiener neigt ja dazu, in so manches gesprochene Wort zwischen zwei aufeinanderfolgenden Konsonanten ein A einzubauen, wo es eigentlich gar nichts zu suchen hat. Ein Umstand, der zu so mancher charmanter Bedeutungsverschiebung führen kann. Beispiel gefällig? „Chanel“ lässt sich etwa sowohl als französischer Duft verstehen, aber auch als Gegenteil von langsam (Sch-a-nell, klar?). Oder nehmen wir das deutsche Universallexikon, den „Brockhaus“ – und wir haben plötzlich statt einer massiven Wand an Buchrücken ein massiv gebautes – und hoffentlich denkmalgeschütztes – „Barockhaus“ vor den Augen. Sie merken schon, ob bewusst oder unbewusst, das lustvolle Spiel mit dem „Deppen-A“ regt zu so manchem Schabernack (nein, da ist jetzt kein A zu viel) an. Die Einwohner der Döblinger Karottenbachstraße wissen vermutlich ein Lied davon zu singen.


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2009)

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