Herr und Frau Österreicher sind ins Börserl gefallen

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Österreichs politisch meistgebrauchter Diminutiv taucht nur dann auf, wenn mehr drin bleiben soll.

Es ist natürlich eine hohle Phrase, dass ein Begriff wieder in aller Munde ist. Aber rund um die aktuelle Steuerreform ist ein Begriff wieder in aller Munde: Das Börserl. Dieser per Diminutiv verharmloste politische Kampfbegriff, in dem alle Jahre wieder künftig mehr drin bleiben soll, wird regelmäßig hervorgeholt, um wahlweise den kleinen Mann von der Straße (warum nicht gleich das kleine Männchen?), Herrn und Frau Österreicher oder die Billa-Kassiererin ein bisschen in Wohlgefallen zu schaukeln. Etymologisch betrachtet kommt die Börse ja vom mittellateinischen „bursa“, das für Ledertasche oder Geldsack steht – was sich wiederum vom altgriechischen „byrsa“ herleitet, was so viel wie Fell oder abgezogene Tierhaut bedeutet. Wie passend, schließlich wird das Fell des Bären, das für die Gegenfinanzierung der Steuerreform schon verteilt wurde, um später im Börserl (manchmal auch Börsel) zu landen, selbstverständlich noch abgezogen. Aus der ledernen Geldtasche, nämlich. Nur sagt in diesem Zusammenhang interessanterweise niemand Börserl dazu. Davon ist nur die sprichwörtliche Rede, wenn mehr drin bleiben soll.

Interessant auch, dass nie zu hören ist, dass dem kleinen Mann auf der Straße mehr im Portemonnaie bleiben soll. Böse Zungen würden behaupten, dass das an den Fallstricken der französischen Aussprache liegen könnte. Näher liegt allerdings der Gedanke, dass die Assoziation – obwohl sich der Begriff aus „porte“ (tragen) und „monnaie“ (Münzen) zusammensetzt – eher jene mit einer Brieftasche ist. Und es eben leichter fällt, ein bisschen mehr Münzen im Börserl zu lassen als Scheine im Portemonnaie. Ebenfalls spannend ist, dass der Finanzminister die Steuereinnahmen weder ins Börserl noch ins Portemonnaie steckt. Wenn es um Steuern geht, landen die am Ende immer im Säckel. Spannend, oder? Was nicht alles in einem simplen Geldtascherl steckt.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2015)

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