Beethovens Katze

KATZE
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Wenn andere Menschen das Hauptabendprogramm einschalten, hüpft bei uns daheim das Kind gern auf einem Bein durch das Wohnzimmer und verkündet, dass es heute „nachtaktiv“ wie die Fledermaus sei.

Wenn andere Menschen das Hauptabendprogramm einschalten, hüpft bei uns daheim das Kind gern auf einem Bein durch das Wohnzimmer und verkündet, dass es heute „nachtaktiv“ wie die Fledermaus sei. Das Kind war immer schon ein Late-Night-Kind, was den angenehmen Nebeneffekt hat, dass es schon im Babyalter nicht zu den Viel-zu-Früh-Aufsteh-Kinder gehört hat, sprich, Sudern unangebracht.

Bis jetzt. Jetzt hat das Kind nämlich mitbekommen, dass das Fernsehprogramm schon lang vor seiner regulären Aufstehzeit beginnt. Schuld daran ist die Vorschau auf eine Serie, in der eine Katze einen rosa Cowboyhut trägt. „Wenn die Cowboykatze läuft, da schlafen wir noch“, habe ich einmal zu oft erklärt. Denn: Wenn die Cowboykatze läuft, schlafen wir jetzt nicht mehr. Irgendwie gelingt es dem Kind seit etwa zwei Wochen, ohne Wecker und Kenntnis der Uhrzeit jeden Tag rechtzeitig um 6.30 Uhr aufzuwachen und mich mit den Worten „Kannst du mir die Cowboykatze einschalten?“ zu wecken. Da der sehr frühe Morgen für mich eine sehr heikle Tageszeit ist, bekomme ich von der Cowboykatze nur wenig mit, aber wenn ich nicht alles komplett falsch verstanden habe, reitet sie mit ihrem Freund, dem Kaktus (ja, Kaktus!), durch ein Dorf namens Nettundfreundlichhausen und hilft gelegentlich dem Bauer Stinki (ja, Stinki!) aus. Die eigentliche Lieblingssendung des Kindes ist aber „Milli plus Maunz“, hier bringen ein Mädchen und eine blaue Katze mit einer absurd verrauchten Stimme den Kindern Zahlen und Formen näher. Neulich trafen sie einen Cartoon-Beethoven, alle zusammen sangen daraufhin minutenlang „kurz, kurz, kurz, laaaang“, also den prägnanten Anfang der fünften Symphonie. Mehrmals erwähne ich, dass es diesen Beethoven, der da gerade beim Friseur (!) sitzt, im echten Leben gegeben hat. „Die Cowboykatze auch?“, fragt das Kind. Weil wir cowboykatzenbedingt so früh auf sind, geht das Kind nun auch ein bisschen zeitiger ins Bett. Mit etwas Glück sehe ich derzeit also das Ende des Hauptabendprogramms.

Und wehe, irgendjemand erzählt dem Kind, dass das Kinderprogramm auch die ganze Nacht lang läuft.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2015)

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