Wiens „Stadtstraße“: Wo der April vor dem Ersten beginnt

(c) Freitag
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Wien ist ja, wir dürfen es Tag für Tag erleben, eine lustige Stadt. Nicht nur, aber sicher auch an einem 1. April.

Und weil Wien gar so lustig ist (und sich an einem einzigen Tag halt nur ein begrenztes Maß an Lustigkeiten ausgeht), hat man hierorts heuer den April scherzhalber schon vor seinem Ersten beginnen lassen. Zumindest einigen landeslegislativen Vorgängen nach.

Am 25. März stand in einer Sitzung des Wiener Gemeinderates die Donaustädter „Stadtstraße“ zur Hauptdebatte. Richtig, Wiens 22., den manche noch immer eher dem Land als der Stadt zurechnen, hat es ja zweifelsohne verdient, via vielspuriger Autoläufigkeit ordentlich urbanisiert zu werden. Diese „Stadtstraße“ soll den nördlichsten Ausläufer der Südosttangente, aus den täglichen Staunachrichten als A23 bekannt, an den künftigen Wohnwundern der Seestadt Aspern vorbei mit der Außenringschnellstraße S1 verbinden. Und abermals richtig, genau diese S1 gibt's im Transdanubischen noch gar nicht.

Macht nichts, immerhin ist ihre nach gegenwärtiger Planung wichtigste Voraussetzung, die Errichtung eines insgesamt neun Kilometer langen Tunnels unter der Lobau, ebenfalls seit vergangener Woche kaum mehr zu verhindern: Das Projekt ward sechs Jahre lang geprüft und gewiss wie hierorts üblich (und also selbstredend ohne jegliche Einflussnahme von außen) für umweltverträglich befunden. Das Lustige daran? Dass die amtsführende Stadträtin für Verkehr, nebstbei Wiens Vizebürgermeisterin, am 25. März (gemeinsam mit ihrer Fraktion und allen anderen Fraktionen) für die Errichtung der „Stadtstraße“ plädierte, zwei Tage später wiederum via Büro ihre „strikte Ablehnung“ des S1-Projekts ausrichten ließ.

Seither warte ich auf das zu dieser Jahreszeit notorische „Ätsch, reingefallen!“. Die „Stadtstraße“ ins periphere Nirgendwo, ohne das, wohin sie führen soll: Das kann nur ein verkehrsstadträtlicher Märzscherz gewesen sein. Denn dass da jemand einfach die Übersicht verloren hat, was wo richtig und was warum falsch ist, das will man in einer so lustigen Stadt ja doch nicht glauben.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2015)

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