Was heißt schon innovativ? Hauptsache Garagenplatz!

(c) Wolfgang Freitag
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Zu den schönsten Seiten dieser Stadt gehört, dass sie mich selbst nach so vielen Jahren noch immer zum Staunen bringen kann.

Wir lesen ja oft von den Beziehungen, die nach den Fünf-Hauben-Menüs der ersten Zeit alsbald nur mehr Alltagseintopf bieten. Mein Wien dagegen beschert mir neue Würze Stund um Stund, und wiewohl nicht alles schmeckt, als „Überraschung aus der Küche“ geht es allemal durch.

Neulich etwa trieb es mich ins südwestlichste Penzing, nach Auhof hinaus. Dort findet sich nebst anderen Sensationen wie Westautobahneinfahrt oder einem vereinsamten Parkplatz-Strich von ehedem das sogenannte Aufhofcenter, eine Shoppingmall, wie sie die Welt durchaus des Öfteren schon gesehen hat: nach einer jüngst veröffentlichten Studie knapp unter Österreichs Top Ten der Bekanntheit nach, jedoch nicht einmal unter den Top Fifteen der Beliebtheit wegen, was auch nicht das ist, was man sich als Shoppingcentrist vielleicht so wünscht.

Meinerseits war es keineswegs die Aussicht auf Shopping, auch nicht auf einen Kinobesuch im anliegenden Cineplexx, was mich dorthin brachte, sondern die auf eines der originelleren Wohnbauprojekte, die Wien zu bieten hat: Auf dem Dach des Auhofcenters nämlich werden derzeit Wohnungen errichtet, immerhin 71 Stück. Die Idee: den meist nur ein-, zweigeschoßig verbauten Gewerbegebieten durch zusätzliche Wohnüberbauung zusätzlichen Nutzen abzuringen. So weit, so gut.

Ein Blick auf die Fahrpläne der nächsten Busstation allerdings fördert Nachweise dürftiger Frequenz zutage: sonntags im Halb-, sonst im Viertelstundentakt. Nicht eben das, was attraktiv zu nennen wäre. Doch was soll's? Hauptsache, es stehen 71 PKW-Stellplätze in der Centergarage zur Verfügung, wenn die Auhofcenter-Aufwohner demnächst einziehen. Was die Innovation bei einem von der Stadt so eifrig als „innovativ“ annoncierten Wohnprojekt betrifft: Die hat halt nicht bis zur öffentlichen Verkehrsanbindung gereicht. Und wer's nicht glauben will, muss mit mir auf eine Last-Minute-Überraschung hoffen.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2015)

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