Hurrabärchi auf LSD

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Ich habe ja keinerlei Erfahrungen mit bewusstseinserweiternden Drogen, aber ich stelle mir einen LSD-Trip ein wenig so vor wie den Vorabend auf dem Kinderkanal. Da laufen jetzt die Glücksbärchis:

Das Hab-dich-lieb-Bärchi, das Hurrabärchi und ihre Bärchi-Freunde, deren Felle alle unnatürlichen Farben dieser Welt widerspiegeln, reisen da auf einem leuchtenden Regenbogen durch das Wolkenland. Die Bärchis, die zwischendurch Wortspiele wie „verflixt und zugebärt“ von sich geben, verkörpern viele Tugenden: Das Teile-gern-Bärchi ist vorbildlich selbstlos, das Sonnenscheinbärchi verbreitet gute Laune, das Hurrabärchi Optimismus. Eine kurze biologische Verwirrung löste die Serie beim Kind aus, als von Hummelbärchis die Rede ist. „Es gibt Bären, die Hummeln sind?“, fragt es. (Und das, nachdem es eben erst davon überzeugt werden konnte, dass Brombär kein Tier ist.) Mein heimlicher Held der Serie ist das grantelnde Brummbärchi, das in dieser poppigen, grell ausgeleuchteten Regenbogenwelt wahrscheinlich unter permanenter Migräne leidet und nicht so recht klar kommt.

Und wenn du glaubst, du hast alle das menschliche Auge überstrapazierenden Farbschemata in diesen (zugegebenermaßen sehr kindergerechten) 20 Minuten gesehen, kommt kurz darauf „Mia & me“. Eine Serie, in der ein Mädchen mithilfe eines Armbands in eine (animierte) Feenwelt reisen kann. Dort sieht das Herrscherpaar exakt so aus, als wäre es direkt aus Gustav Klimts „Der Kuss“ geklettert. Bei der Gestaltung der Landschaft hat man wahllos in der Kunsthistorie gewütet und noch viel, viel Rosa und Lila dazu gemischt. Sogar der Bösewicht ist ganz atypisch nicht dunkel-düster, sondern eine übergewichtige männliche Fee, die, abgesehen von einer Elton-John-Brille, ausschließlich Rosa trägt. Einen Gastauftritt hatte neulich ein Einhorn, das von der Einhornspitze bis zum Schweif komplett in Neongrün gehalten war.

Zur Beruhigung der Sehnerven hat Kika immerhin das heillos altmodische Pastellton-Sandmännchen zwischen die beiden Serien programmiert. Und „Mia and me“ läuft, wie wir gestern feststellen mussten, vorläufig auch nicht mehr. Ich fühle mich irgendwie auf Entzug.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2015)

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