Bitte Menschen nicht auszuleeren

Österreich-Bild aus dem Landesstudio Wien. Sendung: ORF2, Sonntag, 24.05.2009, 18:25 Uhr.
Österreich-Bild aus dem Landesstudio Wien. Sendung: ORF2, Sonntag, 24.05.2009, 18:25 Uhr.(c) ORF
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Ein Fehler, der von einer genügend großen Anzahl von Menschen konsequent gemacht wird, ist irgendwann einmal kein Fehler mehr.

Spätestens ab dem Zeitpunkt, ab dem man laut Duden nicht mehr nur Häuser, sondern auch Menschen evakuieren (lat. evacuare „ausleeren“) durfte, ist das traurige Gewissheit. Abseits davon gibt es aber auch im alltäglichen Leben Dinge, die in einer völlig falschen Form zum Alltagsgut geworden sind – wenn etwa jemand die Textzeile „Santa Maria“ von den Oliver Onions trällert, dabei jedoch die Melodie von „Guantanamera“ verwendet.

Falls Sie weder das eine noch das andere Lied kennen und Ihnen deshalb dieser weit verbreitete Lapsus noch nicht begegnet ist, nehmen wir ein anderes Beispiel. „Schifoan“ von Wolfgang Ambros. Warum, verdammt noch einmal, muss die bierselige Hüttenrunde unbedingt schon nach dem ersten Ertönen des Refrainworts „wow wow wow wow“ grölen, wenn doch hier eine Phase des Schweigens stehen und der jodelnde Schlachtruf erst nach dem zweiten Mal erklingen sollte? Völlig falsch, alle machen es. Bald steht es wahrscheinlich so im Duden.

Zu guter Letzt ein Missverständnis, an das sich jüngere Leser mit Sicherheit nicht erinnern werden: Heinz Conrads hat niemals „Servas die Madln“ gesagt. Die korrekte Begrüßung seiner Sendung „Guten Abend am Samstag“ lautete „Guten Abend die Damen, guten Abend die Herren, guten Abend die Madln, servas die Buam“. Warum sich im Volksgedächtnis dennoch das „servas“ als Anrede für die weibliche Hälfte der kindlichen Zuschauer eingebrannt hat, bleibt ein Rätsel. So wie auch all den nach 1986 geborenen Lesern, die keine Ahnung haben, wovon ich hier eigentlich rede. Ich glaube, ich werde alt.


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2009)

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