Ferien auf Balkonien

Holzhaus mit Balkon
Holzhaus mit Balkon (c) www.BilderBox.com
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Unsere Ferien finden, schuld ist mein öder Gipsfuß, vorläufig daheim statt, um genau zu sein, auf Balkonien.

Unsere Ferien finden, schuld ist mein öder Gipsfuß, vorläufig daheim statt, um genau zu sein, auf Balkonien, um einmal dieses Unwort zu verwenden. (Das wahrscheinlich derselbe Mensch erfunden hat, der der Welt auch die Formulierungen „Herr und Frau Österreicher“ und „tief ins Börserl greifen“ gebracht hat.) „Der Balkon“, sagt das Kind, „ist jetzt Urlaub“, was meine These bestätigt, dass es Urlaub für einen fixen Ort hält, so wie Grado oder Korfu, den man im Sommer bereist.

Weil in der Erinnerung des Kindes zu einem Sommerurlaub nicht nur Meer, Strand und eine unverschämt große Menge an Eiskugeln gehören, sondern vor allem auch der abendliche Besuch von trashigen Touristenshops, in denen es aufgrund der Happypeppy-Urlaubsstimmung der Eltern allerlei billiges Klumpert-Spielzeug abgestaubt hat, hat das Kind am Balkon ein ebensolches Spielzeuggeschäft errichtet. Praktischerweise hat das Kind auch sein Taschengeld mit in den Balkonurlaub genommen. Den Versuch, ihm in der hundsgemeinen Hitze – die viele Menschen zum Anlass nehmen, um mich zu fragen, ob der Gips bei diesen Temperaturen „eh nicht zu sehr juckt“ (oja, aber danke der Nachfrage) – den Wert der Münzen näherzubringen, habe ich gleich wieder verworfen. Das Kind kann einfach nicht glauben, dass die 50-Cent-Münze weniger wert ist als die 1-Euro-Münze, obwohl fünfzig (oder wie das Kind sagt: fünfnull) ja eine viel größere Zahl ist. Als die Oma vor ein paar Monaten ein paar Münzen in sein Sparschwein werfen wollte, meinte das Kind: „Ich brauch' das nicht. Ich spare nicht mehr.“ (Mit vier!) Mittlerweile weiß es die Münzen, die es gelegentlich von der Oma bekommt, wieder zu schätzen. Denn: „Damit“, sagt das Kind zu mir, „kauf ich mir alles, was du mir nicht erlaubst.“

Übrigens: Wenn man Balkonien googelt (mit Gips daheim hat man dafür Zeit!) findet man eine Website, die einem allen Ernstes die Vorteile eines Urlaubs ebendort auflistet: keine Reisekosten, Reisen, wann immer man will, kein Buchungsstress. In diesem Sinn: Schöne Sommerferien! Hoffentlich nicht nur auf Balkonien.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2015)

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