Der Endspört, zu dem manche Endschpurt sagen

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Ein englisches Wort, das es gar nicht gibt, kann eigentlich nicht falsch ausgesprochen werden.

Lesen Sie das folgende Wort bitte einmal laut vor: „Endspurt“. Gut gemacht, vielen Dank! (Falls Sie es nicht getan, sondern einfach weitergelesen haben, muss ich wohl an meiner Überzeugungskraft arbeiten . . .) Also: Haben Sie gerade so etwas wie „Endschpurt“ gesagt, wurden Sie sprachlich vermutlich in Deutschland sozialisiert. Klang es dagegen etwa wie „Endspört“, sind Sie mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem österreichischen Deutsch aufgewachsen. (Dass ein Deutscher die österreichische Aussprache in der Vermutung, es handle sich um ein englisches Wort, als „Endspirt“ transkribieren würde, ist übrigens nur eine bösartige Unterstellung, die sich empirisch maximal durch einen konkreten Fall belegen lassen würde, aber das führt jetzt zu weit.) Im Englischen ist das scheinbar englische Wort übrigens nicht bekannt, da wird das Anziehen des Tempos am Ende einer sportlichen Tätigkeit eher als „final spurt“ oder „final sprint“ bezeichnet.

Dass es diesen sprachlichen „gap“ (wird der in Deutschland eigentlich eingedeutscht?) gibt, weiß man ja. Da ist etwa diese Zahnpasta. Der Reifenhersteller mit den Fettröllchen aus Clermont-Ferrand. (Gut, das ist Französisch, aber der Effekt ist der Gleiche.) Das lustige Plastikgeschirr, das bei Partys vertrieben wird. Und auch dieses Versandhaus im Internet wird von Deutschen eher deutsch, von Österreichern eher englisch ausgesprochen. Versuchen Sie übrigens einmal, „ämasn“ in Google einzutippen – da wird tatsächlich die richtige Seite gefunden! (Natürlich haben Sie das jetzt ausprobiert und ein erstauntes „Stimmt!“ von sich gegeben.) Damit wir am Ende aber auch etwas von alldem haben, eine kleine Weisheit: „Wer auf halber Strecke zum Endspurt ansetzt, dem geht die Puste vor der Zielgeraden aus.“ Und wenn es Sie beim Wort „Puste“ gerade kurz gerissen hat, haben Sie vorher definitiv „Endspört“ gesagt.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2015)

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