Mein Weltbild ist wieder etwas zurechtgerückt worden.
Nachdem ich vor zwei Wochen meine Sorge darüber artikuliert hatte, dass der Übersetzungsdienst von Google Buchstaben zu sinistren Zwecken beiseiteschafft, meldete sich ein sympathischer Herr von der österreichischen Dependance des US-Konzerns bei mir, um mir zu erklären, dass die einbehaltenen Zeichen dazu verwendet würden, die Suchergebnisse zu Griechenland zu füllen. Da hat Google ja relativ viel zu tun, denn als ich gestern nachgeschaut habe, was sich in Griechenland so tut, fand ich 69.900.000 Einträge vor.
Insgesamt halte ich Internet-Phobie für etwas übertrieben und nutze Google gerne. Als Redakteursaspirant leistet er immer wieder hervorragende Arbeit – und ich weiß, wovon ich spreche, denn ich hatte in den 1990er-Jahren mit einigen seiner minderbemittelten Vorfahren (können Sie sich noch an AltaVista erinnern? Nein? Das ist auch besser so) beruflich zu tun. In den USA löst die digitale Hassliebe der Europäer in schöner Regelmäßigkeit Kopfschütteln aus, denn in „God's Own Country“ werden auch andere Online-Orakel befragt, während Google in der EU einen Marktanteil von über 90 Prozent hat. Die soeben verwendete englische Formulierung bringt es übrigens auf 25.000.000 Suchergebnisse. Was man Google auf keinen Fall vorwerfen kann, ist ein knausriger Umgang mit den akkumulierten Informationen. Der freundliche Riese aus Mountain View verschenkt sein Wissen aus vollem Herzen – bzw. Server.
Allwissend ist er allerdings nicht. In meiner Kindheit war Veganer der Name eines Besuchers vom Planeten Vega, doch von dieser noch vor einigen Jahrzehnten durchaus geläufigen Bedeutung ist heute keine Spur mehr zu finden. Wer „Veganer“ sucht, findet 1.260.000 Ergebnisse – doch sie handeln alle vom Essen und nicht von den unendlichen Weiten des Weltalls. Selbst wenn man nach Veganern in Verbindung mit Venusianern sucht, kommt nichts Sinnvolles heraus. Man sieht: Auch bei Google gibt es noch Luft nach oben.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2015)