Es sind die kleinen Dinge, die einem am längsten in Erinnerung bleiben.
Der Sommer ist lang. Vieles wiederholt sich, auch wenn sich Familie und Freunde um ein abwechslungsreiches Programm für die Kinder bemüht haben. Es sind wohl die kleinen Dinge, die nebensächlichen, die ihnen in Erinnerung bleiben werden. Die dann im Rückblick diesen Sommer zum glücklichsten bisher machen, zumindest einmal bis zum nächsten.
Die hunderten Sprünge ins Wasser, bis endlich ein richtiger Salto gelingt. Der erste Köpfler, der nicht am Bauch brennt. Der Zahn, der ausgefallen ist. Die geglückte Flucht vor den Wespen. Das gewaltige Gewitter, das man im sicheren Schutz des Hauses erst bebend, dann staunend erlebt hat. Der schönste Regenbogen, den man je gesehen hat. Mehr als ein Eis pro Tag und die schwierige Entscheidung, welches es jedes Mal sein soll. Immer zu spät schlafen gehen.
Es passiert nicht viel, aber doch ist nach den vielen Wochen vieles anders. Die Haare sind heller, die Haut ist dunkler, die Augen blitzen wieder. Die Hosen sind ein Stück kürzer geworden. Der Musikgeschmack hat sich (aus Sicht der Eltern) dramatisch verbessert, und aus dem Hotel nehmen die Kinder eine wohl lebenslange Schwäche für Buffets mit. Zuerst wurden die Tage bis zu den Ferien heruntergezählt, jetzt wird die verbleibende Zeit bis zum Schulbeginn zum Maß aller Dinge. Es war so eine lange Zeit. Es war so eine kurze Zeit.
Panta rhei, denkt man sich, alles fließt. In der Schule war einem die Sache mit dem Fluss noch nicht so ganz klar, in den man nicht zwei Mal steigen kann. Weil ständig neues Wasser hinzukommt, weil alles in Bewegung ist. Weil derselbe Fluss also nie derselbe bleibt.
Die Kinder sind nach dem Sommer nicht dieselben wie vor dem Sommer. Wir sind es auch nicht, auch wenn die Hosen noch passen. Das merkt man vor allem, wenn man glaubt, lang stillgestanden zu sein.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2015)