Stadtbild: Wie 40 Tonnen Doppeladler der Umwelt dienen

Martialische Machtattitüde: Regierungsgebäude, Stubenring.
Martialische Machtattitüde: Regierungsgebäude, Stubenring.(c) Wolfgang Freitag
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"Wo Wien am schiachsten ist“, wurde an dieser Stelle vergangene Woche erläutert, und zwar nicht auf Basis irgendwelcher bloß privater An- und Hinsichten, sondern quasi amtlich verbrieft und besiegelt.

Entlang einer innermagistratisch erstellten Liste von Gebäuden, die man (zumindest inoffiziell) am liebsten zum Teufel wünschte – oder halt sonst wohin, wo sie uns möglichst dauerhaft aus dem irdischen Gesichtsfeld bleiben. Darunter so prominent Platziertes wie das Bundesamtsgebäude hinter der Urania, der Mediatower am Donaukanal oder das Hotel Marriott am Parkring.

Je nun, wünschen wird man noch dürfen, und im Übrigen steht ja die hiesige Stadtplanerei mit ihrem Beseitigungskataster keineswegs allein. Erst Ende vergangenen Jahres ward etwa ein eigener „Abriss-Atlas Berlin“ mit immerhin 50 zur Schleifung vorgeschlagenen Bauwerken der deutschen Kapitale präsentiert. Und wer von uns hätte sich nicht selbst schon insgeheim seinen eigenen Katalog architektonischer Entbehrlichkeiten zurechtgelegt. Poster Mananu etwa will in diesem Zusammenhang unbedingt das „intergalaktische Space-Zentrum der WU“ erwähnt wissen. Wobei er sich gemeinsam mit seinen beamteten Vernichtungsverehrern in einschlägig bevorzugten Epochengefilden bewegt: in der Architektur der jüngeren und jüngsten Vergangenheit.

Mir dagegen ist auch Älteres nicht schon allein deshalb lieb, weil es eben älter ist. Beispielsweise das sogenannte Regierungsgebäude am Stubenring, erbaut 1909 bis 1913 als k. u. k. Kriegsministerium und wie das oben erwähnte, aus den 1980ern datierende Bundesamtsgebäude gleich dahinter gar schauerlich anzusehen, wenngleich auf ganz andere Weise: mit seiner nachgerade lächerlich martialischen Machtattitüde samt monumentalem, 40 Tonnen schwerem Doppeladler obendrauf. Immerhin: Die letzte militante Aufblähung einer unverkennbar todgeweihten Monarchie hat heute so zivilen Ministerialagenden wie Umweltschutz, Forschung und Sozialem zu Dienst zu sein. Auch ein Fortschritt.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2015)

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