Wenn mitten im Wald Radfahrer gezählt werden

Zwei (zu Fuß erkundete) Schläuche registrieren Überfahrten.
Zwei (zu Fuß erkundete) Schläuche registrieren Überfahrten. (c) Benedikt Kommenda
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Gezählt zu werden macht misstrauisch – zumal dann, wenn es automatisiert und eher unauffällig geschieht.

Passiert es noch dazu mitten im Wald, müssen schon ganz üble Absichten dahinterstecken. Das mag Mountainbikern durch den Kopf gegangen sein, die in den vergangenen Monaten im nördlichen Wienerwald unterwegs waren. In der Winterpause seit Anfang Oktober darf man dort selbst auf offiziellen Strecken nicht mehr fahren. Das hindert allerdings viele nicht, diese und auch inoffizielle Strecken weiter zu benützen.

Damit sind wir schon mitten bei der Erklärung der rätselhaften Zählung. Die Gegend um das Weidlingbachtal, wo fünf Zählgeräte im Einsatz sind, hat sich zu einem Hotspot des Mountainbikens im Raum Wien entwickelt. Ambitionierte Fahrer, die sich und ihre mit spannenlangen Federwegen versehenen Bikes auf erlaubten Routen unterfordert sehen, fahren dort jahraus, jahrein auch auf selbst gewählten Trails. Sogar eine Strecke mit Rampen und Sprüngen, wie man sie stadtnah sonst vergeblich sucht, ist dort in (verbotener) Eigenregie entstanden.

Tatsächlich können Mountainbiker im Wienerwald legal kaum trainieren, obwohl er ein hervorragendes Revier wäre. Deshalb haben sich 2014 die wichtigsten Stakeholder – Stift Klosterneuburg, Bundesforste als Grundeigentümer; MA 49 (Forstamt), Wienerwald-Tourismus und Biosphärenpark-Management als Verwalter; Verein Wienerwaldtrails als Vertreter der Sportler – zu einer Plattformgruppe zusammengefunden. Sie versucht nicht das Unmögliche, eine Universallösung für den Streit zwischen Waldeigentümern und Radlern um die Nutzung der Räume zwischen den Bäumen zu finden. Vielmehr planen sie genau einen, auch gehobenen Ansprüchen genügenden Trailpark, mit dem alle leben können.

Die Zählung dient der wissenschaftlichen Begleitforschung durch die Universität für Bodenkultur. Sie soll zeigen, wie sich die Radler jetzt verhalten und wie sich einst die neue Strecke auswirken wird. Ein guter Zweck, vorausgesetzt, es gibt die schöne Strecke bald wirklich.

E-Mails an: benedikt.kommenda@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2015)

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