Urlaub

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Nur noch 24 Mal schlafen, dann ist endlich Weihnachten! (Außer ich habe mich verzählt.)

Das bedeutet, dass man einige Tage – oder zumindest ein paar Stunden – den beruflichen Alltag vergessen soll. Und sich stattdessen ganz auf die besinnlichen Feiertagsrituale konzentrieren kann: also Kekse essen, Geschenke auspacken, längst verdrängte Familiendramen wieder aufleben und eskalieren lassen.

Einige meiner Kollegen habe jedenfalls dringenden Erholungsbedarf. Das macht sich vor allem durch ihren beunruhigenden Umgang mit unserem Türöffner bemerkbar: einem Chip, der durch intensives Drücken via Sensor Zutritt zu Lift und Redaktion verschafft. Kollegin A. stand damit letztens auch schon vor ihrer Haustür und versuchte, vergebens drückend, in die eigenen vier Wände zu gelangen. Kollegin B. passiert ähnliches regelmäßig in ihrem hausinternen Lift, erzählt sie. Die größten Sorgen mach' ich mir allerdings um J.: Sie hat an einem Nachmittag herzhaft in den Türöffner hineingebissen. Zu ihrer Verteidigung: Er hat tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit dunklen, runden Keksen.

Auch bei mir macht sich die Übermüdung bemerkbar: Ich habe es geschafft, mich bei einem Umzug aus gleich zwei Wohnungen auszusperren (das könnte aber auch einfach an meiner Tollpatschigkeit liegen). In der Arbeit tendiere ich nach einer gewissen Urlaubsabstinenz auch dazu, meine Gesprächspartner nur mit ihrem Nachnamen ins Telefon einzuspeichern.

Das hat dann zuweilen verwirrende SMS-Debatten zur Folge: Wenn ich etwa bei der Pressesprecherin eines Ministers um eine Stellungnahme bitten will, aber eigentlich mit einer Abgeordneten einer völlig anderen Partei kommuniziere. Umgekehrt teilte mir die Medienbeauftragte eines Politikers einmal im Hochsommer eine Stellungnahme ihres Chefs mit, um dann am nächsten Tag wieder das komplette Gegenteil zu fordern. Ihre Erklärung: „Es war so warm gestern, da habe ich den Überblick verloren.“

Zumindest das kann einem zu Weihnachten nicht passieren.

E-Mails an:iris.bonavida@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2015)

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