Mein Neujahrsvorsatz wurde von einem Computer generiert. Es ist ein 15-wöchiger Trainingsplan.
Reset! Neustart! In ein paar Stunden beginnt das neue Jahr – das neue Glück, das neue Leben. Da schwören Sportmuffel, aktiv zu werden, Fast-Food-Anhänger, gesünder zu essen, und Raucher, nicht mehr zu qualmen. Wie immer zu Jahreswechsel setzt sich das Prinzip Hoffnung bei vielen nicht nur gegen die eigenen schlechten Erfahrungen mit Neujahrsvorsätzen durch, sondern auch gegen die traurige Statistik, die uns da sagt, dass nur jeder Zehnte seinen Vorsätzen gerecht wird.
Auch ich bin ungerechtfertigterweise guter Dinge. Wobei: So ungerechtfertigt finde ich meine Zuversicht ja gar nicht. Mein Neujahrsvorsatz erschöpft sich nämlich nicht in einem Null-acht-fünfzehn-Stehsatz, sondern ist ein sich auf zwei DIN-A4-Seiten erstreckender 15-wöchiger Trainingsplan – ausgearbeitet von einem Computer. Unter www.lauftipps.ch kann man, wie mir ein laufbegeisterter Kollege verraten hat, personalisierte Trainingspläne gratis ausarbeiten lassen. Eingeben musste ich dafür lediglich meinen Maximalpuls, die Länge eines Testlaufs und die dafür benötigte Zeit sowie das Datum meines geplanten Wettkampfs. In meinem Fall ist das der 10. April 2016. An dem Tag geht der Vienna City Marathon über die Bühne. Dabei werde ich mich über die halbe Distanz, die 21,0975 Kilometer, wagen. Der Computer spuckte rasch detaillierte Vorgaben für 45 Trainingseinheiten aus. Dreimal pro Woche soll ich im neuen Jahr laufen und so wöchentlich zwischen 22,9 und 40,1 Kilometer in 155 bis 256 Minuten abspulen. Es wechseln sich lockere Dauerläufe, Intervalltrainings (dabei folgen auf Belastungs- Erholungsphasen und umgekehrt) und lange Dauerläufe ab (siehe den Plan der ersten drei Wochen unten). Die Trainingsbelastung wird meist über ein paar Wochen gesteigert, dann ist eine Regenerationswoche vorgeschrieben.
Die erste der 45 Trainingseinheiten habe ich am Mittwoch, also noch im alten Jahr, absolviert. Meine Motivation war gering, und meine Füße waren müde. Also: Reset!
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.12.2015)