Prince, Opiate und die ärztliche Verantwortung

(c) APA/AFP/MARK RALSTON
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Der Tod des Sängers Prince war tragisch, doch diese Tragik lag in ihrer Vermeidbarkeit.

Prince hatte schon vor Jahren eine Abhängigkeit von schweren opiathaltigen Schmerzmitteln entwickelt. „Es gab keine Tournee, auf der er nicht zumindest manchmal unter Schmerzen aufgetreten ist“, sagte Alan Leeds, der einst seine Konzerte organisierte, zur „New York Times“. „Er war ein altmodischer ,Die Show muss weitergehen‘-Typ, insofern ist mir die Vorstellung nicht fremd, dass er sich selbst mit Medikamenten behandelte.“

Prince tat das, was Millionen Amerikaner seit gut zwei Jahrzehnten tun: Er versuchte, chronische Schmerzen mit einem Opiat namens Percocet zu unterdrücken. Percocet ist für viele der Einstieg in die Heroinsucht. Im Jänner habe ich in New Hampshire, das von der Heroinwelle besonders hart getroffen ist, mit so einem Menschen gesprochen. „Mir wurde ein Zahn gezogen, dann hatte ich chronische Rückenschmerzen. So bekam ich Percocet verschrieben“, sagte Jen, eine junge Mutter, die nun auf Entzug ist. Als sie keine Rezepte mehr bekam, begann sie, Heroin zu spritzen. Über Percocets Suchtpotenzial wurde sie nicht aufgeklärt. „Mich hat damals niemand vor den Folgen gewarnt.“

Bis vor ein paar Tagen hatten wir eine Schachtel Percocet im Badezimmerschrank. 30 Pillen à fünf Milligramm. Nach der Entbindung unserer Tochter in einem Washingtoner Krankenhaus, die einen Kaiserschnitt erforderte, hatte meine Frau dieses Schmerzmittel verschrieben bekommen. Über die Gefahren wurde sie nicht aufgeklärt. Die Ärztin war peinlich betroffen, als wir ihr von unseren Recherchen über den Zusammenhang zwischen ärztlicher Opioidverschreibung und Heroinsucht erzählten. Zwei Pillen nahm meine Frau, mit großem Widerwillen.
Die restlichen Percocet-Pillen gingen gestern in den Müllschlucker (das war die Anweisung der Apothekerin auf meine besorgte Frage; zurückgeben durfte ich sie nicht). Das ungute Gefühl über Amerikas Umgang mit dem Schmerz, den Drogen und der ärztlichen Verantwortung bleibt.

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2016)

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