In Prenzlauer Berg sind sogar die Fleischfliegen aus Tofu

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Artikel von Bezirken und Orten haben manchmal ihre ganz eigene Logik. Nicht nur in Deutschland.

Beginnen wir mit ein paar alten Zoten, dass der Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg geprägt ist von Caffè-Latte-Mamas, Radfahrern mit Bart und Männerdutt und nicht zuletzt von veganen Bewohnern. So vegan, dass in Prenzlauer Berg sogar die Fleischfliegen aus Tofu sind. Aber Sie haben recht, das wäre billig. Und das eigentlich Interessante am vorhergehenden Satz ist doch eigentlich die Präposition davor – „in“ Prenzlauer Berg. Klingt komisch, schließlich würde der Instinkt erstmal „am“ vorschlagen – oder „im“, wenn man sich die Bewohner des Bezirks als Gold schürfende Zwerge aus einem Tolkien-Roman vorstellt. So sagt man es aber nicht. Und damit ist es für Auswärtige anfangs etwas ungewohnt. Genauso wie der Ortsteil Tiergarten – da steht man dann im Zoologischen Garten (ein Zoo) im Großen Tiergarten (ein Park) in Tiergarten (der Ortsteil). Klar, ne? Dann wäre da noch der Ortsteil Wedding – der hat nämlich ein „der“ davor, und man befindet sich demnach „im Wedding“. Das wiederum geht darauf zurück, dass dort früher ein Gutshof eines adeligen Herrn de Weddinghe war. Früher wohnte man auf, heute im Wedding. Auch außerhalb Berlins finden sich Ortsnamen, deren Artikel ungewohnt wirken. Aber Wuppertal ist nun mal eine Stadt und kein Tal, darum ist man nicht im, sondern in Wuppertal, das halt im Tal der Wupper liegt.

Aber eine typisch deutsche Eigenheit ist das nun auch wieder nicht. Auch in Österreich gibt es viele Ortsnamen, deren Artikel nicht ganz zur Endung passt. Das weiß man dann halt aus Erfahrung – und man kann sich über die Auswärtigen amüsieren, die meinen, dass man in der Klosterneuburg sein Dasein fristen muss, dass man im Altlengbach sitzen kann oder im Altaussee auf bessere Zeiten hofft. Aber das besprechen wir am besten bei Gelegenheit einmal im Floridsdorf. Oder am Simmering – wo immer dieses Simme auch sein soll.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2016)

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