Kampf der Kindersicherung

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Symbolbild(c) Fabry Clemens
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Neulich habe ich den Schlüssel für mein Fahrradschloss verloren. Das Rad war gerade nicht abgesperrt, immerhin.

Neulich habe ich den Schlüssel für mein Fahrradschloss verloren. Das Rad war gerade nicht abgesperrt, immerhin. Kaufst du dir ein neues Schloss, kein Problem. Dachtest du. Gehst in eines dieser Sportgeschäfte, in denen die Verkäufer in der Sekunde, in der sie einen Kunden erblicken, gern schnell ins Lager abrauschen, und entscheidest dich für ein fettes Schloss, das gleich vier Schlüssel dabeihat. Die kannst du auf diverse Schubladen und Verwandte verteilen. Wenn du wieder einen Schlüssel verschmeißt, wird das alles easy-cheesy.

Dachtest du. Zu Hause willst du das Schloss aufsperren, aber der erste Schlüssel sperrt nicht. Und auch nicht der zweite und der dritte und der vierte. In den Wutanfall hinein stellt das Kind seine treffenden Kinderfragen („Aber wieso kaufst du falsche Schlüssel?“), tags darauf eilst du ins Sportgeschäft, erwischst zufällig einen Verkäufer und konfrontierst ihn eher angespannt mit dem nicht sperrenden Schlüsselwerk. Da kontert der Mann mit einem triumphierend-mitleidigen „Ja, das hat nämlich eine Kindersicherung“. Nicht etwa eine Diebstahl-, nein, eine Kindersicherung! Jetzt gibt es viele Dinge (Autotüren!, Medizin!), bei denen Kindersicherungen sinnvoll sind, bei einem Radschloss eher nicht, sage ich, während der Verkäufer ganz cool versucht, das Schloss zu öffnen, was nach einigem Hin- und Herruckeln und leichter Gewaltanwendung auch gelingt. Dennoch tauschst du es gegen ein Nummernschloss um. Da kannst du keinen Schlüssel verlieren, Kindersicherung gibt es auch nicht. Dachtest du. Daheim merkst du, dass weit und breit nirgends steht, mit welcher Zahlenkombination man das Schloss aufbekommt. Während du überlegst, wie lang du für die 10.000 Möglichkeiten brauchst, stellt das Kind die Zahlen auf 0000 – und siehe da, es öffnet sich, und du kannst deinen eigenen Code einstellen. „Ist das, fragt das Kind, auch eine Kindersicherung?“

Fazit des Tages: Du bist zu blöd für Kindersicherungen. Aber, immerhin, dein Kind nicht. Und wenn du den Code dreimal falsch eingibst, wird das Schloss anders als die Bankomatkarte, der du einmal zu oft den Handy-Pincode zugemutet hast, nicht gesperrt. Denke ich.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2016)

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