Warum der Brexit vor der Votivkirche scheitern wird

Ein Baum für jedes (Noch-)EU-Mitgliedland.
Ein Baum für jedes (Noch-)EU-Mitgliedland.(c) Wolfgang Freitag
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Nein, es ist nicht zu viel behauptet: Ein Brexit ist so gut wie ausgeschlossen. Da können die Briten abstimmen, worüber und wie sie wollen.

Und das hat nichts mit den zentrifugalen Kräften zu tun, die im (wie lang noch?) Vereinigten Königreich seit vergangenem Donnerstag ihre Wirkung entfalten, schon gar nichts mit Brüssel, EU-Parlament oder der Rest-EU der 27, sondern mit einem legistischen Werk, dem im Zusammenhang mit den britischen Bestrebungen bislang zu wenig Beachtung geschenkt wurde: dem Wiener Baumschutzgesetz.

Die Sache ist nämlich die: Im März 1997 ward im Wiener Sigmund-Freud-Park, Sie wissen schon, dem ringstraßenseitigen Grün vor der Votivkirche, ein EU-Baumkreis gepflanzt. Will sagen: ein Baum für jeden (damaligen) Mitgliedstaat, insgesamt 15 Stück, plus einen für die Union selbst. Macht 16 Bäume. Anlass für die arboretische Intervention: 40 Jahre Unterzeichnung der Römischen Verträge – quasi der Geburtsurkunden des europäischen Vereinigungsgedankens.

Seither also steht die EU vor der Votivkirche im Kreis: Deutschland hat's – was sonst? – auf eine echte Eiche gebracht, Frankreich nur auf eine Scheinakazie, Österreich kommt als sanfte Linde daher und so weiter und so fort kreuz und quer durchs altweltliche Gehölz. Und das Vereinigte Königreich? Das findet sich als Rotbuche in den Stadtgärtnerrasen eingewurzelt.

Diese Britenbuche freilich ist naturgemäß im Lauf der vergangenen bald zwei Jahrzehnte zu einem durchaus stattlichen Baum herangewachsen. Und zwar so durchaus stattlich, dass er sich längst der speziellen Protektion durch das Wiener Baumschutzgesetz erfreuen darf. Die Folgen liegen klar auf der Stadtgärtnerhand: An eine Entfernung der Briten aus dem EU-Baumkreis ist nach übereinstimmender Rechtsmeinung internationaler Baumschutzgesetzexperten nicht zu denken. Und liebe Briten, noch ein Hinweis: Die Strafzahlung, die auf unerlaubte Baumentfernung steht, die könnt ihr euch im Augenblick schon gar nicht leisten.

E-Mails an:wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2016)

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